Hauptcharaktere: Tess
Inhalt: Tess ist krank und liegt seit vier Monaten im Krankenhaus. Sie schreibt aus dem Krankenhaus einen Brief an ihre Schwester Jodi. Sie teilt ihr darin ihre eigenen Empfindungen mit, die hauptsächlich ihre Zimmergenossin und Freundin betreffen.
Spoiler: Nein
Chapter: 1
Geschrieben: Dezember 2009
Disclaimer: Alle MLT Charaktere sind Eigentum von Nine Network, The South Australien Film Corporation and Millenium Televison. Diese Fanfic wurde lediglich zum Spaß geschrieben und nicht um damit Geld zu verdienen. Jegliche Ähnlichkeiten zu Lebenden und Toten Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt. Alle weiteren Charaktere sind Eigentum des Autors.
.::. Dear Jode... .::.
Liebe Jodi,
ich kann nicht schlafen, deshalb schreibe ich dir diesen Brief. Ich muss leise sein, sonst wecke ich meine neue Zimmergenossin auf. Seit fast zwei Monaten ist sie nun schon bei mir. Ihr Name ist Stevie. Naja, eigentlich heißt sie Stephanie, aber sie kann es auf den Tod nicht leiden, wenn man sie so nennt. Sie ist eine ganz besondere Persönlichkeit, wie ich finde. So ganz anders, als viele Menschen, die mir bisher in meinem Leben begegnet sind. Sie ist so unglaublich selbstbewusst und hat immer einen lockeren Spruch auf Lager. Manchmal sind ihre Sprüche nicht so lustig, aber ich denke, sie braucht das. Damit sie nicht zu viel von sich und ihren Emotionen preisgibt. Wahrscheinlich ist das auch ihre ganz persönliche Eigenart, mit ihrer Krankheit umzugehen. Damit zu Recht zu kommen.
Stevie lässt sich auch nichts vormachen. Am Anfang dachte ich noch, dass Stevie ganz schön frech ist. Aber mittlerweile kenne ich sie besser und weiß, dass sie im Grunde ein herzensguter Mensch ist. Sie lässt sich von Niemanden etwas einreden und ist stets auf das Wohl ihrer Mitmenschen bedacht. Manchmal glaube ich, dieses geht ihr über alles. Selbst über ihre eigene Gesundheit und ihr eigenes Befinden.
Gestern war eine Arbeitskollegin von ihr zu Besuch. Ihr Name war Grace. Diese Grace erkundigte sich natürlich nach Stevies Befinden und hatte einen so mitleidigen Ausdruck im Gesicht, als sie Stevie sah. Auch wanderten Grace´ blaue Augen auf meine Person und ich glaube, sie hat sich ganz schön erschrocken. Wahrscheinlich ist sie nicht oft im Krankenhaus.
So wie ich es mitbekommen hatte, ist Grace eine von Stevies engsten Freundinnen. Bin mir nicht sicher, aber mir kam es so vor.
Jedenfalls stellte sich heraus, dass Grace Kummer hat. Was Stevie natürlich sofort bemerkte. Sie hat zu ihrer Freundin dann gesagt, sie solle nicht um den heißen Brei herum reden und ihr nicht weismachen, sie sähe gut aus. Ich muss aufpassen, dass ich nicht zu laut lache und Stevie damit aufwecke. Ich sag ja, vor Stevie kann man nichts geheim halten. Sie braucht dich nur anzusehen und sofort weiß sie, ob es dir gut oder schlecht geht. Ob du die Wahrheit oder die Unwahrheit sagst. Natürlich ist Stevie sofort aus ihrem Bett gesprungen und hat ihre Freundin aus dem Zimmer gezogen. Das sah so lustig aus. Grace´ Gesicht hättest du sehen sollen. Sie sah aus wie ein begossener Pudel.
Weißt du noch, als wir den Billardtisch im Schererschuppen versteckt hatten und es vor Claire verheimlicht haben? Und wie ihr Gesichtsausdruck war, als sie ihn dann doch entdeckt hatte? Ich weiß noch genau, wie es war. Mir kommt es so vor, als sei es erst gestern gewesen. Ich habe echt gedacht, Claire würde uns und ganz besonders mir den Kopf abreißen. Was haben wir im Nachhinein gelacht. Obwohl sie anfangs nicht ganz so begeistert schien, hat sie abends dennoch mit uns eine Runde Pool gespielt. Genauso wie Claire damals total verdattert drein geschaut hat, so blickte diese Grace auch Stevie an.
Die Beiden sind anschließend nach unten in die Empfangshalle gegangen und Stevie hat mit deren Freund telefoniert. Als sie wieder kamen, hat Grace über das ganze Gesicht gestrahlt. Es ist so unglaublich, was Stevie macht. Ich meine, sie tut alles für ihre Freunde und stellt sich ganz in den Hintergrund.
Mit Nick versteht sie sich übrigens auch ganz prächtig. Ich glaube, die Beiden verheimlichen mir etwas. Sie hängen jedes Mal so merkwürdig mit den Köpfen zusammen und tuscheln, wenn ich von einer Untersuchung wiederkomme. Ich denke, die Beiden hecken was aus. Ich hab Nick mal gefragt, aber natürlich sagt er mir nichts. Er grinst dann immer so komisch. Außerdem verschwindet Stevie jedes Mal aus dem Zimmer, wenn ich wieder zurück bin. Ich möchte zu gerne wissen, wo sie sich dann immer herumtreibt. Wenn sie nach Stunden wieder zurückkommt, dann ist Nick gerade am Aufbrechen und Stevie strahlt über das ganze Gesicht. Manchmal glaube ich, dass sie sich heimlich mit einem Mann trifft. Selbstverständlich spricht sie mit mir nicht drüber. Ich trau mich auch nicht, sie zu fragen. Ist ja schließlich zu privat. Wenn sie mir etwas sagen möchte, dann wird sie schon von ganz alleine ankommen.
Heute musste Stevie wieder zur Untersuchung. Sie war schon ein paar Mal gewesen seit sie hier ist und seit einer Woche muss sie nun jeden Tag gehen. Stevie spricht nicht gern über die Krankheit und auch nicht über die Ergebnisse und so. Naja, ich kann es ihr nicht verübeln. Ich spreche ja auch nicht gerne drüber. Wir reden dann lieber über andere Sachen. So ganz Alltägliches eben. Wie beispielsweise über Nick und die kleine Claire. Ich hab ihr auch schon viel von Drovers und von dir und den anderen Mädels erzählt. Manchmal kommt es mir vor, als wäre ich nur im Urlaub in irgendeinem Hotel oder so.
Stevie war den heute ganzen Tag schon so anders. Irgendwie komisch. Nicht mehr so gesprächig. Wenn ich sie was gefragt habe, dann kam immer nur ein Schulterzucken oder ein `Hmm´.
Es ging ihr eigentlich nach den Untersuchungen immer ganz gut. Nur beim letzten Mal hatte sie so viel Angst gehabt, dass sie mich dieses Mal bat, mit ihr zu gehen und vor dem Untersuchungsraum zu warten. Als Stevie dann in dem Untersuchungsraum saß, war mir irgendwie ganz mulmig zu Mute. Ich kann dir nicht genau sagen, warum es so war. Aber ich hatte das Gefühl nicht umsonst, denn nicht lange nachdem Stevie in dem Zimmer verschwunden war, kam der Oberarzt und sah mich mit einem so vollkommen erschauernden Blick an. Dann verschwand dieser auch in dem Zimmer, in dem meine Freundin nun schon seit knapp 15 Minuten steckte. Ich hielt es nicht mehr aus, einfach nur so streng auf dem harten Plastikstuhl herum zu sitzen und so bin ich aufgestanden und wie eine Katze im Flur umher geschlichen.
Die Zeit verstrich immer weiter und noch immer kein Anzeichen, dass Stevie jeden Moment aus dem Zimmer herauskommen würde. Langsam bekam ich es immer mehr mit der Angst zu tun. Und als dann plötzlich ein Schrei durch diese markante, weiße Holztüre in den Flur hinaus zu mir drang, dachte ich, dass ich jeden Augenblick zusammenbrechen und sterben werde. Ich hielt in meiner Bewegung inne und versuchte zu lauschen. Irgendein weiteres Geräusch aus dem Zimmer zu erhaschen. Aber da war nichts und es kam auch nichts mehr. Alles war still. Totenstill. Ich hörte nicht ein Mal mehr mein eigenes Herz klopfen. Mir ist es doch tatsächlich für einen Moment stehen geblieben. Ich sag dir, ich habe noch nie in meinem ganzen Leben solch einen Schrei gehört. Das ging mir durch und durch. Bis ins Mark. Mein ganzer Körper begann schließlich zu vibrieren. Ich zitterte wie Espenlaub. Musste mich hinsetzen, sonst wäre ich wohl auf der Stelle weg geknickt. Nach ein paar Minuten hatte ich mich dann wieder soweit im Griff, dass ich wenigstens ohne diesen fiesen, stechenden Schmerz in der Brust weiter atmen konnte. Aber noch immer kam keine Reaktion aus dem Zimmer, in dem Stevie sich nun seit knapp einer Stunde aufhielt. Ich hatte bald schon keine Ausdauer mehr zu warten und zu hoffen, dass es Stevie gut gehen würde. Immer wieder hörte ich diesen markerschütternden, furchtbaren Schrei. Ich ging dann doch wieder zurück zu der Zimmertüre und versuchte zu lauschen. Vielleicht würde ich ja doch das ein oder andere Wort mithören können. Oder zumindest Stevies Stimme vernehmen. Nur um sicher zu gehen, dass es ihr soweit gut geht. Ich habe also mein Ohr an die kalte Holztüre gelegt und versucht zu lauschen. Doch leider kam ich nicht dazu viel zu verstehen, da genau in diesem Moment die Türe aus ihrer Verankerung gerissen wurde und ich beinahe in das Zimmer vor die Füße des Arztes und vor deren von Stevie gefallen wäre. Das war vielleicht peinlich gewesen. Die beiden schauten mich ganz entsetzt an. Aber ich ließ mich davon nicht beirren und griff mir schlussendlich Stevies Hand, um sie aus dem Zimmer fort zu ziehen. Jedoch nicht, ohne dem Arzt einen bösen Blick zu zuwerfen.
Stevie redete auch nach dieser Untersuchung nicht viel. Sie verlor kein einziges Wort darüber, was ihr widerfahren war. Ich habe es schließlich dabei belassen. Vorerst. Ich dachte mir, dass Stevie sicher etwas Zeit bräuchte. Für sich allein. Dann würde sie auch von ganz allein kommen und mir alles erzählen. Immerhin bin ich die einzige Bezugsperson, die sie im Moment hat. Nur war Stevie nicht so wie sonst immer. Sie war noch viel verstörter, als sie es ohnehin schon den ganzen Tag war und das machte mir zusehends Sorgen. Ich hatte solche Angst, dass sie sich nun vollkommen zurückziehen und nie wieder ein Wort mit mir reden würde. Ich hoffe nur, dass Stevie irgendwann mit mir über diese Sache redet, die dort in dem Untersuchungszimmer gewesen war.
Jodi, ich vermisse euch so sehr und ganz besonders natürlich Dich. Mir kommt es so vor, als hätten wir gerade gestern erst zueinander gefunden. Kein Wunder. Ich bin ja auch so unendlich weit weg von euch. Von dir. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr es mich schmerzte, als ich dir diese Worte mitteilen musste. Aber glaube mir, es ist besser für euch und ganz besonders auch für dich. Es ist nicht das Einfachste der Welt, wenn man mit ansehen muss, wie ein geliebter Mensch nur noch darauf wartet, zu sterben.
Nick war gestern wieder bei mir. Traurigkeit überfiel mich ein wiederholtes Mal, als ich ihn wieder gehen lassen musste. Dabei wünsche ich mir nichts sehnlicher, als mit ihm zu gehen. Nach Hause zurückzukehren. Aber leider geht das nicht. Vorerst nicht. Aber weißt du, ich mache mir furchtbare Sorgen um Alex. Manchmal glaube ich, dass er mit meiner Krankheit so gar nicht zu Recht kommt. Dass er sich einfach nicht damit abfinden kann. Vielleicht könntest du dich ein wenig um ihn kümmern? Ich weiß, es ist viel verlangt von mir, aber ich wüsste nicht, wen ich sonst um Hilfe bitten könnte. Seit Claire starb hatte er ja nur noch mich. Sozusagen. Früher war es immer Claire gewesen, der er alles anvertraut hat. Ihr alles, all seine Gefühle und Empfindungen preisgab. Claire war die einzige, die ihn in- und auswendig kannte. Aber nun bin ich auch nicht mehr da. Bei euch in der Nähe. Ich mach mir wirklich große Sorgen um Alex. Obwohl er seit ein paar Wochen ziemlich regelmäßig hier im Krankenhaus ist, macht er auf mich den Eindruck, als wenn es ihm nicht wirklich wohl bei der Sache ist. Er ist so in sich gekehrt und total verschlossen. Redet nicht viel.
Übrigens, ich habe heute mit dem Oberarzt gesprochen und ihn darum gebeten, mich wenigstens über die Feiertage zu euch nach Hause zu lassen. Vollkommen dagegen war er nicht, jedoch möchte er erst sehen, wie ich die neuen Medikamente vertrage. Ich hasse es so sehr. Jeden Tag diese furchtbar vielen Tabletten und die Giftcocktails, die man mir hier auf dem Silbertablett präsentiert. Ein Wunder, dass ich damit nicht schon vergiftet worden bin. Ich hoffe so sehr, dass es klappt und ich zu Weihnachten nach Hause kann. Wenn es auch nicht von Dauer ist…
Ich werde Stevie versuchen zu überreden, dass sie mit mir mitkommt und mal etwas anderes sieht, als nur tagtäglich dieses hässliche Krankenzimmer und dieselben Blumen auf dem kleinen Balkon vor unserem Zimmer. Sie hat ja Niemanden mehr. Ihre Eltern sind tot. Schon vor ein paar Jahren gestorben. Ich glaube, sie feiert seitdem weder Geburtstage, noch Weihnachten oder sonst irgendwas. Sie gibt es nicht gerne zu, aber ich denke, dass sie viel mehr und lieber für sich alleine ist. An solchen Tagen. Aber damit soll nun Schluss sein! Ich möchte Stevie so gerne zeigen, wie schön es auf Drovers ist und wie viele liebe Menschen dort wohnen. Es klingt verrückt, aber irgendwie fühle ich mich für sie verantwortlich und möchte ihr auch einfach mal etwas Gutes tun. So wie sie es immer für andere Menschen um sich herum macht.
Oh, Jodi, ich muss leider Schluss machen. Stevie ist aufgewacht. Ich werde mal nach ihr sehen und vielleicht ein wenig mit ihr reden. Sie träumt die ganze Zeit schon so schlecht. Vielleicht hilft es ihr ja, wenn sie weiß, dass sie nicht alleine ist und ich bei ihr bin, bis sie wieder eingeschlafen ist.
Ich drücke dich fest, meine geliebte Schwester. Grüß mir die Anderen und gib meiner Prinzessin einen dicken Kuss von mir.
In Liebe Deine Tess
ich kann nicht schlafen, deshalb schreibe ich dir diesen Brief. Ich muss leise sein, sonst wecke ich meine neue Zimmergenossin auf. Seit fast zwei Monaten ist sie nun schon bei mir. Ihr Name ist Stevie. Naja, eigentlich heißt sie Stephanie, aber sie kann es auf den Tod nicht leiden, wenn man sie so nennt. Sie ist eine ganz besondere Persönlichkeit, wie ich finde. So ganz anders, als viele Menschen, die mir bisher in meinem Leben begegnet sind. Sie ist so unglaublich selbstbewusst und hat immer einen lockeren Spruch auf Lager. Manchmal sind ihre Sprüche nicht so lustig, aber ich denke, sie braucht das. Damit sie nicht zu viel von sich und ihren Emotionen preisgibt. Wahrscheinlich ist das auch ihre ganz persönliche Eigenart, mit ihrer Krankheit umzugehen. Damit zu Recht zu kommen.
Stevie lässt sich auch nichts vormachen. Am Anfang dachte ich noch, dass Stevie ganz schön frech ist. Aber mittlerweile kenne ich sie besser und weiß, dass sie im Grunde ein herzensguter Mensch ist. Sie lässt sich von Niemanden etwas einreden und ist stets auf das Wohl ihrer Mitmenschen bedacht. Manchmal glaube ich, dieses geht ihr über alles. Selbst über ihre eigene Gesundheit und ihr eigenes Befinden.
Gestern war eine Arbeitskollegin von ihr zu Besuch. Ihr Name war Grace. Diese Grace erkundigte sich natürlich nach Stevies Befinden und hatte einen so mitleidigen Ausdruck im Gesicht, als sie Stevie sah. Auch wanderten Grace´ blaue Augen auf meine Person und ich glaube, sie hat sich ganz schön erschrocken. Wahrscheinlich ist sie nicht oft im Krankenhaus.
So wie ich es mitbekommen hatte, ist Grace eine von Stevies engsten Freundinnen. Bin mir nicht sicher, aber mir kam es so vor.
Jedenfalls stellte sich heraus, dass Grace Kummer hat. Was Stevie natürlich sofort bemerkte. Sie hat zu ihrer Freundin dann gesagt, sie solle nicht um den heißen Brei herum reden und ihr nicht weismachen, sie sähe gut aus. Ich muss aufpassen, dass ich nicht zu laut lache und Stevie damit aufwecke. Ich sag ja, vor Stevie kann man nichts geheim halten. Sie braucht dich nur anzusehen und sofort weiß sie, ob es dir gut oder schlecht geht. Ob du die Wahrheit oder die Unwahrheit sagst. Natürlich ist Stevie sofort aus ihrem Bett gesprungen und hat ihre Freundin aus dem Zimmer gezogen. Das sah so lustig aus. Grace´ Gesicht hättest du sehen sollen. Sie sah aus wie ein begossener Pudel.
Weißt du noch, als wir den Billardtisch im Schererschuppen versteckt hatten und es vor Claire verheimlicht haben? Und wie ihr Gesichtsausdruck war, als sie ihn dann doch entdeckt hatte? Ich weiß noch genau, wie es war. Mir kommt es so vor, als sei es erst gestern gewesen. Ich habe echt gedacht, Claire würde uns und ganz besonders mir den Kopf abreißen. Was haben wir im Nachhinein gelacht. Obwohl sie anfangs nicht ganz so begeistert schien, hat sie abends dennoch mit uns eine Runde Pool gespielt. Genauso wie Claire damals total verdattert drein geschaut hat, so blickte diese Grace auch Stevie an.
Die Beiden sind anschließend nach unten in die Empfangshalle gegangen und Stevie hat mit deren Freund telefoniert. Als sie wieder kamen, hat Grace über das ganze Gesicht gestrahlt. Es ist so unglaublich, was Stevie macht. Ich meine, sie tut alles für ihre Freunde und stellt sich ganz in den Hintergrund.
Mit Nick versteht sie sich übrigens auch ganz prächtig. Ich glaube, die Beiden verheimlichen mir etwas. Sie hängen jedes Mal so merkwürdig mit den Köpfen zusammen und tuscheln, wenn ich von einer Untersuchung wiederkomme. Ich denke, die Beiden hecken was aus. Ich hab Nick mal gefragt, aber natürlich sagt er mir nichts. Er grinst dann immer so komisch. Außerdem verschwindet Stevie jedes Mal aus dem Zimmer, wenn ich wieder zurück bin. Ich möchte zu gerne wissen, wo sie sich dann immer herumtreibt. Wenn sie nach Stunden wieder zurückkommt, dann ist Nick gerade am Aufbrechen und Stevie strahlt über das ganze Gesicht. Manchmal glaube ich, dass sie sich heimlich mit einem Mann trifft. Selbstverständlich spricht sie mit mir nicht drüber. Ich trau mich auch nicht, sie zu fragen. Ist ja schließlich zu privat. Wenn sie mir etwas sagen möchte, dann wird sie schon von ganz alleine ankommen.
Heute musste Stevie wieder zur Untersuchung. Sie war schon ein paar Mal gewesen seit sie hier ist und seit einer Woche muss sie nun jeden Tag gehen. Stevie spricht nicht gern über die Krankheit und auch nicht über die Ergebnisse und so. Naja, ich kann es ihr nicht verübeln. Ich spreche ja auch nicht gerne drüber. Wir reden dann lieber über andere Sachen. So ganz Alltägliches eben. Wie beispielsweise über Nick und die kleine Claire. Ich hab ihr auch schon viel von Drovers und von dir und den anderen Mädels erzählt. Manchmal kommt es mir vor, als wäre ich nur im Urlaub in irgendeinem Hotel oder so.
Stevie war den heute ganzen Tag schon so anders. Irgendwie komisch. Nicht mehr so gesprächig. Wenn ich sie was gefragt habe, dann kam immer nur ein Schulterzucken oder ein `Hmm´.
Es ging ihr eigentlich nach den Untersuchungen immer ganz gut. Nur beim letzten Mal hatte sie so viel Angst gehabt, dass sie mich dieses Mal bat, mit ihr zu gehen und vor dem Untersuchungsraum zu warten. Als Stevie dann in dem Untersuchungsraum saß, war mir irgendwie ganz mulmig zu Mute. Ich kann dir nicht genau sagen, warum es so war. Aber ich hatte das Gefühl nicht umsonst, denn nicht lange nachdem Stevie in dem Zimmer verschwunden war, kam der Oberarzt und sah mich mit einem so vollkommen erschauernden Blick an. Dann verschwand dieser auch in dem Zimmer, in dem meine Freundin nun schon seit knapp 15 Minuten steckte. Ich hielt es nicht mehr aus, einfach nur so streng auf dem harten Plastikstuhl herum zu sitzen und so bin ich aufgestanden und wie eine Katze im Flur umher geschlichen.
Die Zeit verstrich immer weiter und noch immer kein Anzeichen, dass Stevie jeden Moment aus dem Zimmer herauskommen würde. Langsam bekam ich es immer mehr mit der Angst zu tun. Und als dann plötzlich ein Schrei durch diese markante, weiße Holztüre in den Flur hinaus zu mir drang, dachte ich, dass ich jeden Augenblick zusammenbrechen und sterben werde. Ich hielt in meiner Bewegung inne und versuchte zu lauschen. Irgendein weiteres Geräusch aus dem Zimmer zu erhaschen. Aber da war nichts und es kam auch nichts mehr. Alles war still. Totenstill. Ich hörte nicht ein Mal mehr mein eigenes Herz klopfen. Mir ist es doch tatsächlich für einen Moment stehen geblieben. Ich sag dir, ich habe noch nie in meinem ganzen Leben solch einen Schrei gehört. Das ging mir durch und durch. Bis ins Mark. Mein ganzer Körper begann schließlich zu vibrieren. Ich zitterte wie Espenlaub. Musste mich hinsetzen, sonst wäre ich wohl auf der Stelle weg geknickt. Nach ein paar Minuten hatte ich mich dann wieder soweit im Griff, dass ich wenigstens ohne diesen fiesen, stechenden Schmerz in der Brust weiter atmen konnte. Aber noch immer kam keine Reaktion aus dem Zimmer, in dem Stevie sich nun seit knapp einer Stunde aufhielt. Ich hatte bald schon keine Ausdauer mehr zu warten und zu hoffen, dass es Stevie gut gehen würde. Immer wieder hörte ich diesen markerschütternden, furchtbaren Schrei. Ich ging dann doch wieder zurück zu der Zimmertüre und versuchte zu lauschen. Vielleicht würde ich ja doch das ein oder andere Wort mithören können. Oder zumindest Stevies Stimme vernehmen. Nur um sicher zu gehen, dass es ihr soweit gut geht. Ich habe also mein Ohr an die kalte Holztüre gelegt und versucht zu lauschen. Doch leider kam ich nicht dazu viel zu verstehen, da genau in diesem Moment die Türe aus ihrer Verankerung gerissen wurde und ich beinahe in das Zimmer vor die Füße des Arztes und vor deren von Stevie gefallen wäre. Das war vielleicht peinlich gewesen. Die beiden schauten mich ganz entsetzt an. Aber ich ließ mich davon nicht beirren und griff mir schlussendlich Stevies Hand, um sie aus dem Zimmer fort zu ziehen. Jedoch nicht, ohne dem Arzt einen bösen Blick zu zuwerfen.
Stevie redete auch nach dieser Untersuchung nicht viel. Sie verlor kein einziges Wort darüber, was ihr widerfahren war. Ich habe es schließlich dabei belassen. Vorerst. Ich dachte mir, dass Stevie sicher etwas Zeit bräuchte. Für sich allein. Dann würde sie auch von ganz allein kommen und mir alles erzählen. Immerhin bin ich die einzige Bezugsperson, die sie im Moment hat. Nur war Stevie nicht so wie sonst immer. Sie war noch viel verstörter, als sie es ohnehin schon den ganzen Tag war und das machte mir zusehends Sorgen. Ich hatte solche Angst, dass sie sich nun vollkommen zurückziehen und nie wieder ein Wort mit mir reden würde. Ich hoffe nur, dass Stevie irgendwann mit mir über diese Sache redet, die dort in dem Untersuchungszimmer gewesen war.
Jodi, ich vermisse euch so sehr und ganz besonders natürlich Dich. Mir kommt es so vor, als hätten wir gerade gestern erst zueinander gefunden. Kein Wunder. Ich bin ja auch so unendlich weit weg von euch. Von dir. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr es mich schmerzte, als ich dir diese Worte mitteilen musste. Aber glaube mir, es ist besser für euch und ganz besonders auch für dich. Es ist nicht das Einfachste der Welt, wenn man mit ansehen muss, wie ein geliebter Mensch nur noch darauf wartet, zu sterben.
Nick war gestern wieder bei mir. Traurigkeit überfiel mich ein wiederholtes Mal, als ich ihn wieder gehen lassen musste. Dabei wünsche ich mir nichts sehnlicher, als mit ihm zu gehen. Nach Hause zurückzukehren. Aber leider geht das nicht. Vorerst nicht. Aber weißt du, ich mache mir furchtbare Sorgen um Alex. Manchmal glaube ich, dass er mit meiner Krankheit so gar nicht zu Recht kommt. Dass er sich einfach nicht damit abfinden kann. Vielleicht könntest du dich ein wenig um ihn kümmern? Ich weiß, es ist viel verlangt von mir, aber ich wüsste nicht, wen ich sonst um Hilfe bitten könnte. Seit Claire starb hatte er ja nur noch mich. Sozusagen. Früher war es immer Claire gewesen, der er alles anvertraut hat. Ihr alles, all seine Gefühle und Empfindungen preisgab. Claire war die einzige, die ihn in- und auswendig kannte. Aber nun bin ich auch nicht mehr da. Bei euch in der Nähe. Ich mach mir wirklich große Sorgen um Alex. Obwohl er seit ein paar Wochen ziemlich regelmäßig hier im Krankenhaus ist, macht er auf mich den Eindruck, als wenn es ihm nicht wirklich wohl bei der Sache ist. Er ist so in sich gekehrt und total verschlossen. Redet nicht viel.
Übrigens, ich habe heute mit dem Oberarzt gesprochen und ihn darum gebeten, mich wenigstens über die Feiertage zu euch nach Hause zu lassen. Vollkommen dagegen war er nicht, jedoch möchte er erst sehen, wie ich die neuen Medikamente vertrage. Ich hasse es so sehr. Jeden Tag diese furchtbar vielen Tabletten und die Giftcocktails, die man mir hier auf dem Silbertablett präsentiert. Ein Wunder, dass ich damit nicht schon vergiftet worden bin. Ich hoffe so sehr, dass es klappt und ich zu Weihnachten nach Hause kann. Wenn es auch nicht von Dauer ist…
Ich werde Stevie versuchen zu überreden, dass sie mit mir mitkommt und mal etwas anderes sieht, als nur tagtäglich dieses hässliche Krankenzimmer und dieselben Blumen auf dem kleinen Balkon vor unserem Zimmer. Sie hat ja Niemanden mehr. Ihre Eltern sind tot. Schon vor ein paar Jahren gestorben. Ich glaube, sie feiert seitdem weder Geburtstage, noch Weihnachten oder sonst irgendwas. Sie gibt es nicht gerne zu, aber ich denke, dass sie viel mehr und lieber für sich alleine ist. An solchen Tagen. Aber damit soll nun Schluss sein! Ich möchte Stevie so gerne zeigen, wie schön es auf Drovers ist und wie viele liebe Menschen dort wohnen. Es klingt verrückt, aber irgendwie fühle ich mich für sie verantwortlich und möchte ihr auch einfach mal etwas Gutes tun. So wie sie es immer für andere Menschen um sich herum macht.
Oh, Jodi, ich muss leider Schluss machen. Stevie ist aufgewacht. Ich werde mal nach ihr sehen und vielleicht ein wenig mit ihr reden. Sie träumt die ganze Zeit schon so schlecht. Vielleicht hilft es ihr ja, wenn sie weiß, dass sie nicht alleine ist und ich bei ihr bin, bis sie wieder eingeschlafen ist.
Ich drücke dich fest, meine geliebte Schwester. Grüß mir die Anderen und gib meiner Prinzessin einen dicken Kuss von mir.
In Liebe Deine Tess
~~~ The End ~~~