Chapter 10
Mittlerweile waren Alex und Stevie auf Drovers angekommen und hatten die Schafe in die Gatter verfrachtet. Zur gleichen Zeit fuhren Tess und Nick auf den Hof Stevie und Alex brachten die Pferde in den Stall und beim Absteigen von Banjo, blieb Stevie mit ihrer Kette am Sattel hängen, welche natürlich auch gleich kaputt ging. Alex, der schon abgestiegen war, bückte sich, hob die Kette auf und wollte sich gerade wieder aufrichten, als sie mit den Köpfen zusammenstießen. Beide ließen einen kleinen Schrei los und hielten sich am Kopf fest.
„Hey alles in Ordnung?“, fragte Alex
„Naja, mir brummt ganz schön der Schädel.“
„Lass mal sehen…“ Alex nahm Stevie die Hand vom Kopf weg und erschrak ein wenig, da sie etwas blutete.
„Oh… du blutest ein bisschen. Warte ich habe ein Taschentuch dabei.“
Er holte das Tuch aus seiner Hosentasche und hielt es Stevie an die Stirn. Dabei sah er ihr ganz tief in die Augen und konnte nicht anders, als ihr mit der anderen Hand das Gesicht zu streicheln. Wieder wurde ihm bewusst, wie viel sie ihm bedeutete und er stellte von neuem fest, wie wunderschön sie doch war.
„Wie sieht es eigentlich mit deinem Kopf aus?“, holte Stevie ihn aus seinen Gedanken. Sie versuchte sich wegzudrehen, doch er hielt sie fest.
Alex nahm ihr Gesicht nun in beide Hände und zog sie an sich heran, um sie zu küssen. Stevie wehrte sich nicht dagegen, sie konnte nicht, da sie es ja selber unbedingt wollte.
Sie verfielen in einen schier endlos langen Kuss. Es hätte die Welt untergehen können, sie hätten es nicht bemerkt. Stevie war es, die sich als erste wieder davon löste.
„Alex…wir…wir sollten jetzt langsam mal Tess und Nick begrüßen gehen.“
„Wahrscheinlich hast du Recht.“
Sie standen auf und gingen in Richtung Hofeinfahrt. Alex nahm Stevie an die Hand. Ein bisschen verwundert schaute sie ihn an, ließ es aber zu. So gingen sie Hand in Hand zu dem Auto, aus dem Tess und Nick gerade ausstiegen. Kurz bevor beide den Wagen erreichten, zog Stevie ihre Hand wieder weg und stürmte auf Tess zu.
Es gab eine herzliche Umarmung und ein wildes Durcheinandergerede.
Als die erste Aufregung vorüber war und Tess und Stevie sich ein bisschen von den anderen entfernen konnte, fragte Tess ihre Freundin wie es ihr ginge.
„Oh… mir geht es bestens, jetzt, wo ihr wieder da seid…“, sagte Stevie etwas verlegen, da sie wusste worauf Tess anspielte.
Tess ist es nicht verborgen geblieben, dass Stevie und Alex Hand in Hand zu den anderen gekommen waren und sie ihre Hand ihm kurz vor dem Zusammentreffen wieder entzogen hatte.
„Gibt es was Neues auf Drovers und Killarney? Etwas was du mir vielleicht allein erzählen möchtest?“, fragte Tess grinsend.
„Was meinst du? Ach… du hast dich sicher gewundert, dass Alex mit mir gekommen ist. Er hat mir nur geholfen die Schafe von der Westweide zu holen, die ich fast vergessen hätte. Die müssen noch geschert werden, damit wir sie zum Verkauf abholen lassen können.“
Stevie wich dem Blick von Tess aus und versuchte alles um von sich und Alex abzulenken.
„Ah ja… ist klar. Und deswegen hast du auch mit hochrotem Kopf vor mir gestanden, als ich gesehen habe, wie ihr Beide gekommen seid. Händchenhaltend.“
Tess grinste, da sie merkte, wie peinlich berührt Stevie war. Sie konnte also immer noch nicht ungeniert über ihre Gefühle reden. Dabei dachte Tess, dass sie etwas lockerer damit umgehen würde, da sie ihr doch gestanden hatte, wie ihre Gefühle für Alex waren.
„So? Sind wir das? Habe ich gar nicht mitbekommen. Na, wie auch immer. Jedenfalls muss ich noch mal hin und den Zaun reparieren, da irgendjemand dagegen gefahren ist. Am Besten jetzt gleich, damit ich zum Essen wieder zurück bin.“ Stevie verschwieg Tess, dass Alex ihr dabei helfen wollte, da sie keine Lust darauf hatte, sich vor Tess weiterhin rechtfertigen zu müssen. Sie wusste ja selbst noch nicht mal, wie sie damit umgehen sollte. Sie hoffte, dass Tess sie nicht weiter ausfragen würde. Sie war sich selber nicht darüber im Klaren, warum Alex ihre Hand ergriffen hatte. Sie wusste ja noch nicht einmal, wieso Alex sie schon wieder geküsst hatte, wo er doch mit Fiona verheiratet war. Seine Reaktion am Abend zuvor zeigte ihr, dass er noch immer an seiner Frau hing. Eigentlich wollte sie, dass Alex ihr bei der Reparatur half, Aber anderseits fürchtete sie sich auch davor. Sie konnte sich einfach nicht von ihm fernhalten und wenn er sie berührte war es um sie geschehen.
„Stevie, ist wirklich alles in Ordnung mit dir? Irgendwie kommst du mir so anders vor.“
Tess machte sich Sorgen um ihre Freundin. Stevie war verändert seit Tess sie das letzte Mal gesehen hatte.
„Ha… ist ja kein Kunststück. Wir haben uns ja eine halbe Ewigkeit nicht mehr gesehen. Und wie fühlt man sich so als Mum?“, fragte sie Tess, als sie in Richtung des Haupthauses gingen. Stevie wollte möglichst schnell wieder von sich ablenken, damit sie nicht noch mehr auf Fragen bezüglich Alex antworten musste.
Tess stöhnte bei dem Gedanken an die erste Zeit etwas.
„Ach, anstrengend. Die Kleine hat leider nicht so viel von ihrem Daddy abbekommen, also, zumindest nicht die Ruhe, die hat sie leider nicht von ihm. Sie ist genauso aufgeweckt und fröhlich, wie ich.“
„Hm…aber ich glaube, du musst dir keine Sorgen machen, die Kids sind alle so in dem Alter. Rose war genauso.“
Stevie schweifte mit ihren Gedanken in die Vergangenheit und dachte wieder an die Zeit, als sie mit Rose allein zu kämpfen hatte. Niemand hatte sich einen Dreck um sie geschert. Erst, als sie sich in den Kopf gesetzt hatten, Stevie wäre viel zu jung und unerfahren für ein Kind, da hatte ihre Schwester Michelle auf einmal vollste Aufmerksamkeit für Stevie und ihr Baby.
„Wahrscheinlich hast du Recht. Sie ist ja auch gerade mal 1 Jahr alt und seit sie laufen kann, reißt sie alles mit, was nicht niet- und nagelfest ist“, holte Tess Stevie wieder aus ihren Gedanken.
„Ja, das hat Rose auch immer gemacht. Ich musste vor ihr auch alles verstecken. Und warte mal ab, bis sie auf die Idee kommt irgendwo raufzuklettern, dann musst du nur noch hinter ihr her sein“, sagte sie lachend.
Als beide am Haupthaus ankamen, wollte Stevie nur noch eben schnell was trinken und dann wieder los reiten, um den Zaun zu reparieren.
Alex schien nicht da zu sein, was Stevie dann doch ein wenig gelegen kam. Sie versuchte sich etwas zu beeilen, damit sie auch rechtzeitig wieder zum Essen zurück sein würde. Eigentlich wollte sie ja, das Alex sie begleitete, aber... sie wusste selbst nicht, was mit ihr los war. Sie vermisste ihn.
Stevie war gerade auf dem Weg zum Schuppen, um das nötige Werkzeug zu holen, als sie Alex´ Pick- up kommen sah.
„Stevie, du wolltest doch nicht ohne mich los, oder?“
„Ich dachte, du bist länger mit Nick unterwegs und ich wollte rechtzeitig zum Essen wieder zurück sein. Du musst nicht mitkommen. Wenn du lieber hier bei Nick, Tess und deiner Nichte bleiben willst, kann ich das verstehen.“
„Fängst du jetzt schon wieder damit an?“
„Ähm… ich guck mal was Tess und Claire so machen“, schaltete sich Nick nun ein. Er wollte nicht weiter stören und machte sich gleich auf den Weg zu seiner Familie.
„Jap, ist gut. Wir wollten eh gerade los, nicht wahr Stevie?“, rief Alex seinem Bruder hinterher. Doch Nick war längst außer Hörweite und das wusste Alex. Er tat es auch nur, um Stevie ein wenig aufzuziehen.
„Wie du meinst“, sagte sie etwas bedrückt, denn sie hatte gehofft, dass Alex hier bleiben würde und sie sich über ihre Gefühle klar werden konnte.
Eigentlich wusste sie ja, was er ihr bedeutet, nur konnte sie damit nicht so richtig umgehen. Sie rechnete nicht damit, dass Alex Fiona eines Tages verlassen würde, obwohl dies ihr sehnlichster Wunsch war.
„Steves, was ist los mit dir?“
„Ach… nichts“, sagte sie und wollte sich von Alex wegdrehen, aber er hielt sie am Arm fest und zog sie zu sich. Beide standen nur wenige Millimeter voneinander entfernt und jeder konnte den warmen Atem des Anderen spüren.
„Alex…“
„Ich spüre dein Herz. Es klopft ganz schnell und laut“, hauchte Alex ihr ins Ohr.
„Das kann nicht sein, das ist deins“, sie errötete ein wenig, denn sie wusste, dass er Recht hatte.
Natürlich schlug ihr Herz ganz laut und schnell, ging ja auch gar nicht anders, wenn er sie jedes Mal so nah an sich heran zog, sodass sie Gefahr laufen würden, sich zu küssen.
Sie küsste ihn gerne, sehr gerne sogar, aber es war einfach nicht richtig.
Schließlich war Alex verheiratet und hatte sich mit Fiona vorgenommen, dass sie ihre Ehe wieder in den Griff bekommen wollten. Nun war es mittlerweile schon das zweite Mal an einem einzigen Tag, dass er sie küssen wollte, aber dieses Mal würde sie es verhindern.
„Also willst du mir nun helfen oder nur rum stehen?“ Sie löste sich aus der für sie gefährlichen Situation und stemmte die Hände in die Hüften. „Ich möchte bis zum Essen wieder zurück sein.“
Noch ehe sie auch nur richtig Luft holen konnte, zog Alex sie wieder zu sich.
„Alex…“ Er hielt ihr einen Finger auf den Mund, sodass sie nicht weiter sprechen konnte. „Ich muss dir was sagen“, flüsterte er kaum hörbar. „Ich liebe es, wenn du so trotzig bist“, sagte er immer noch im Flüsterton und mit einem Grinsen auf den Lippen.
Stevie lief ein warmer Schauer den Rücken hinunter. Sie wusste nicht wieso, aber sie liebte es, wenn Alex ihr, was auch immer ins Ohr hauchte.
Nur alleine, dass er es tat, genügte schon und sämtliche Haare ihres Körpers sträubten sich. Stevie wusste nicht, was mit ihr geschah, Alex hätte augenblicklich alles mit ihr machen können, sie hätte es einfach zugelassen.
„Alex… was… was machst du mit mir? Wir…“
Sie wurde wieder von Alex´ erotisch klingender Stimme unterbrochen.
„Shhhht… was immer du noch sagen willst, sag es nicht, Steves, nicht jetzt.“
Er wusste, was sie sagen wollte, doch damit würde sie alles romantische Knistern, welches in der Luft lag, zerstören.
Stevie war vollkommen überrascht. Alex brachte sie noch total um den Verstand. Das, was gleich passieren würde, das durfte einfach nicht sein. Sie würde sich sonst vollkommen vergessen.
Stevie schüttelte innerlich den Kopf und versuchte wieder einen klaren Gedanken zu fassen.
Nein, das durfte nicht passieren. Auch wenn es nichts anderes gab, was sie sich sehnlicher wünschte. Sie war doch keine Ehebrecherin.
Alex holte sie aus ihren Gedanken und hauchte abermals kaum hörbar etwas in ihr Ohr.
„Und um auf deine Frage zu antworten… ich mache mit dir, was du willst…“
In Stevie tobte ein Kampf. Sie wollte, dass Alex sie jetzt auf der Stelle küsste, aber andererseits sagte sie sich, dass sie nicht einmal daran denken durfte, doch sie konnte einfach nicht aufhören damit. Sie würde sterben, wenn sie nicht sofort...
„Ach was soll´s…“, sagte sie nun laut und zog Alex zu sich, um ihn zu küssen. Alex wusste nicht, wie ihm geschah und ließ sich völlig perplex darauf ein.