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Dianchen
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Joined: Mon Dec 01, 2014 1:41 pm
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#48

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Autor: Dianchen
Hauptcharaktere: Stevie/Kane
Inhalt: Kane kehrt zurück
Anmerkung: Fortsetzung von The Abduction
Spoiler: Nein
Chapter: 1
Geschrieben: Juli 2012
Disclaimer: Alle MLT Charaktere sind Eigentum von Nine Network, The South Australien Film Corporation and Millenium Televison. Diese Fanfic wurde lediglich zum Spaß geschrieben und nicht um damit Geld zu verdienen. Jegliche Ähnlichkeiten zu Lebenden und Toten Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt. Alle weiteren Charaktere sind Eigentum des Autors.

~~~ The Reunion ~~~
Stevie trat auf die Veranda hinaus. Ihr Blick glitt in den Himmel. Er war wolkenlos, strahlendblau. Fast konnte man meinen, es war friedlicher denn je. Marcus und auch die beiden anwesenden Polizisten sprangen aus ihren Stühlen regelrecht auf die Beine, als sie Stevie auf die Veranda treten sahen. Die uniformierten Männer nahmen aus Anstand die Hüte von ihren Köpfen und hielten sie mit beiden Händen vor ihrem Körper fest.

Stevie löste sich von ihrem Blick auf das Himmelszelt und ließ ihre Augen nun auf den drei Männern ruhen. Unsicher wagte sie einen Schritt auf den kleinen Tisch zu. Dann ging sie noch einen Schritt. Und noch einen. Als sie die Männer erreicht hatte, ließ sie sich in einen der Korbstühle sinken.

Marcus und die beiden Polizisten setzten sich ebenfalls wieder auf ihre Stühle. Kurz wechselten sie Blicke untereinander, ehe sich der ältere Polizist räusperte.
„Mrs. Ryan, sagt Ihnen der Name Kane Morgan etwas?“
Stevie zuckte bei dem Namen leicht zusammen. Sie hatte nicht erwartet, dass Kane der Grund für den frühen Besuch der Polizei sein sollte.
„Stevie?“ Marcus´ Finger legten sich beruhigend auf Stevies ineinander verschränkte Hände.
„Vielleicht sollten wir ein anderes Mal wieder kommen“, räumte der ältere Polizist nun ein.
„Nein!“, unterbrach Stevie den Mann und hob ihre Hand. Auch wenn es schwer werden würde und sie Angst hatte, es könnte schon wieder etwas Schlimmes geschehen sein, wusste Stevie dennoch mit absoluter Sicherheit, dass es noch tragischer für sie gar nicht kommen konnte. „Nein, schon gut“, entgegnete sie entschlossen und schloss für einen Moment die Augen, atmete noch einmal tief durch. „Ich kenne Kane Morgan.“ Stevies Stimme klang fest und sicher.

Der ältere Polizist nickte wissend. Er holte seinen Notizblock heraus und notierte sich die Antwort auf seine Frage.
„Wir haben Grund zu der Annahme, dass besagter Kane Morgan sich zum Zeitpunkt des Todes ihres Mannes in der Gegend aufhielt“, berichtete der uniformierte Mann weiter.
„Ich verstehe nicht ganz, weshalb Sie den weiten Weg auf sich genommen haben“, stellte Marcus nüchtern fest. „Sie hätten doch auch anrufen können.“
„Es gibt Zeugen, die gesehen haben, wie Morgan sich an dem Pick-up zu schaffen gemacht hat.“ Der Polizist machte eine kurze Pause, befeuchtete seine Lippen, ehe er fortfuhr. „Minuten bevor Mr. Ryan mit demselben Wagen auf der Gungellanroad von der Straße abgekommen ist.“

Stevie wich jegliche gesunde Farbe aus dem Gesicht, ihre Finger verkrampften sich. Sie hatte angenommen, dass es nichts gäbe, was furchtbarer sein könnte, als das eigene Kind einem Verbrechen opfern zu müssen. Stevie hatte auch dann geglaubt, es könnte nichts Schlimmeres geben, als Alex bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben kam. Doch sie hatte sich geirrt. Auch wenn sie noch immer nicht über den Verlust ihres Sohnes und den plötzlichen Tod von Alex hinweg war, so hatte sie nicht eine Sekunde daran verschwendet, der Unfall könnte kein eben solcher gewesen sein.

Die Offenbarungen der beiden Polzisten rissen Stevie vollends aus ihrer Fassung heraus. Sie hatte Mühe, sich aufrecht zu halten, sich intensiv dem Gespräch zu widmen. Sie griff nach dem Glas, das sie seit ihrer Ankunft auf der Veranda noch nicht ein Mal angerührt hatte, und leerte es in einem gierigen Zug.

„Aber ich verstehe nicht, wieso?“, presste Marcus geschockt hervor. „Wieso erst ein Jahr nach dem…Unglück?“ Für ihn waren diese neuen Erkenntnisse der Polizei genauso schockierend und unbegreiflich. Waren sie doch immer von einem tragischen Unfall ausgegangen. Marcus hatte noch nicht einmal gewusst, dass man überhaupt noch Ermittlungen wegen Alex´ Tod führte.

„Wie Sie wissen, läuft sie Suche nach Ihrem Sohn noch immer“, antwortete der ältere Polizist und blickte dabei zu Stevie. Dieser schossen heiße Tränen in die Augen. Seit Alex nicht mehr da war, hatte Stevie jegliche Hoffnung vollends aufgegeben, bis vor zwei Wochen. „Es werden noch immer Zeugen gesucht und Menschen befragt. Wir haben versucht, den Tag des Verschwindens nachzustellen und sind dabei in Gungellan auf zwei Männer gestoßen, die gesehen haben, dass sich Kane Morgan in der Gegend aufhielt. Nach Überprüfung der Aussagen konnten wir nun mit wahrscheinlicher Sicherheit feststellen, dass es sich nicht um den 7. Januar 2008 handelte.“ Wieder trat eine Pause ein.

„Diese Zeugen…“, begann Marcus, nach einem Blick auf Stevie, die kaum in der Lage zu sein schien, auch nur noch einen klaren Gedanken zu fassen. „Sind sie glaubwürdig?“
Der ältere der beiden uniformierten Männer nickte mit dem Kopf.
„Unabhängig voneinander haben beide Zeugen exakt dieselbe Aussage zu Protokoll gegeben“, erklärte der Polizist sachlich und griff nach seinem Wasserglas. Er trank einen Schluck und benetzte anschließend seine Lippen mit dem erfrischenden Wasser. „Wir haben überprüft, ob eine Verbindung zwischen ihnen besteht. Aber es gibt keine. Beide Männer sind sich zuvor niemals begegnet.“

Mit zitternden Händen griff Stevie nach der Wasserkanne und füllte ihr Glas wieder auf. Ihr Herz schlug heftig, heftig und laut, sodass sie das Gespräch zwischen Marcus und den beiden Polizisten kaum noch verstand. Stevie konnte einfach nicht verstehen, dass Kane zu so etwas fähig sein sollte. Sie glaubte einfach nicht daran, dass er in der Lage war, solch ein Verbrechen zu begehen. Sicher, er war kein unbeschriebenes Blatt, hatte eine Menge auf dem Kerbholz, aber einen Mord begehen, das war selbst für Kane´s Verhältnisse eine Nummer zu groß. Zudem war Alex sein Freund gewesen.

„Und weiß man schon, wo dieser Kane Morgan sich aufhält“, fragte Marcus und wartete auf eine Antwort des Polizisten. Dieser schüttelte mit dem Kopf.
„Wir haben eine Spur und konnten sie bis nach Neuseeland verfolgen. Aber in Auckland verläuft sich die Spur leider. Wir nehmen an, dass Morgan sich irgendwo in Auckland aufhalten muss, wahrscheinlich in der Nähe vom Mission Bay Beach.“ Der Polizist machte eine kurze Pause. Er griff erneut nach dem Wasserglas und setzte es an seine Lippen an.

„Kane war es nicht“, entwich es plötzlich leise Stevies Mund. Die Blicke der Männer ruhten nun auf ihr. Sie hatte ihre Augen fest auf die ineinander verschränkten Finger gerichtet, die ein wenig ruhelos in ihrem Schoß lagen. Immer wieder schüttelte Stevie mit dem Kopf.
„Wie kannst du dir da so sicher sein, Stevie?“ Marcus´ Augen waren fest auf seine Schwägerin gerichtet, während er darauf wartete, dass sie ihm und den beiden Polizisten eine Antwort geben würde.
„Kane war es nicht“, wiederholte sie stattdessen nun noch ein Mal. Dieses Mal klang ihre Stimme ein wenig lauter als zuvor. Die Sicherheit, die in ihr mitschwang, ließ die Männer für einen Moment verstummen.

Die anhaltende Stille wurde schließlich von dem Läuten eines Telefons unterbrochen. Während sich der ältere Polizist ein wenig von der Gruppe entfernte und das Gespräch entgegennahm, kam plötzlich eine Regung in seinen jüngeren Kollegen.
„Haben Sie mit Kane Morgan vor Jahren nicht eine Affäre gehabt?“
Entsetzt blickte Marcus von Stevie zu dem Polizisten, der sich in seinem Stuhl zurücklehnte, die Arme lässig vor der Brust verschränkt.
Stevie richtete ihre Augen auf den jungen Polizisten.
„Wir hatten keine Affäre, sondern haben eine ernsthafte, wenn auch kurze Beziehung geführt“, gab Stevie gelassen zurück. „Alex und ich sind zusammengekommen, als Kane schon Monate verschwunden war.“

Marcus´ Blick glitt wieder zurück zu Stevie. Sie hatte nie etwas von diesem Kane Morgan erwähnt. Er wusste nicht einmal, dass es überhaupt einen Mann gab, der solch einen Namen trug. Hatte der Polizist tatsächlich die Wahrheit gesagt, weil er wusste, dass sie etwas mit diesem Mann hatte, während sie mit Alex verheiratet war? Noch ehe er sich weiter mit seinen Gedanken auseinandersetzen konnte, tönte wieder die Stimme des jungen Polizisten. „Wenn Sie keine Affäre mit Morgan hatten, wie erklären Sie dann, dass Sie am Tag des Todes von Mr. Ryan bei ihm angerufen haben?“

Stevie zuckte innerlich zusammen. Wie konnte die Polizei davon wissen? Kane hatte ihr doch versichert, er würde sein Telefon verschwinden lassen. So war es letztendlich auch gewesen, denn als sie ihn am darauffolgenden Tag anrief, konnte sie ihn nicht mehr erreichen, die Nummer existierte nicht mehr. Dabei wollte sie doch nur wissen, ob es ihm gelungen war, Neuigkeiten zu erfahren. Außerdem wollte sie mit einem Menschen reden, der ihr nicht ständig diese mitleidigen Blicke zuwarf, der nicht fähig war, Gefühle offen kundzugeben. Kane war solch ein Mensch und sie hatte sich so sehr gewünscht, seine Stimme zu hören. Fast ein Jahr hatte Stevie nichts mehr von ihm gehört, bis er vor zwei Wochen wieder anrief.

„Wir haben den Aufenthaltsort von Kane Morgan ausfindig machen können.“ Der Ältere der beiden Polizisten trat wieder auf die Veranda und ließ sich in dem Rattansessel nieder. „Wie wir vermutet haben, hat Morgan sich am Mission Bay Beach in Auckland ein Apartment gemietet. Nur leider war der Zugriff erfolglos. Morgan war nicht mehr dort.“
Stevie atmete erleichtert auf. Sie hatte schon befürchtet, die Polizei würde Kane schnappen, noch bevor er sich erneut bei ihr melden konnte. „Mrs. Ryan, Sie müssen uns alles sagen, was Sie wissen“, räumte der ältere Polizist ein und blickte sie aus seinen freundlichen Augen an. Stevie jedoch zuckte mit den Schultern.
„Wenn ich etwas wüsste, würde ich es Ihnen ganz bestimmt sagen“, antwortete Stevie.
Der Polizist seufzte auf. „Bei dem Zugriff auf Morgans Apartment stellten die neuseeländischen Ermittler fest, dass er sich dort nicht allein aufgehalten hat. Wahrscheinlich hatte er einen Komplizen.“
Stevies Herzschlag beschleunigte sich bei diesen Worten um ein Vielfaches. War es möglich, dass Kane tatsächlich nicht allein unterwegs war? Konnte er schon auf dem Weg zu ihr sein? So wie er es versprochen hatte?

Marcus verfolgte das Gespräch zurückhaltend aber dennoch intensiv. Er versuchte, aus Stevies Reaktionen herauszufinden, wie viel Wahrheit in den Anschuldigungen des jüngeren Polizisten stecken mochte, der sich nun beinahe ängstlich aus dem Gespräch heraushielt, seit sein Kollege wieder zu ihnen gestoßen war. Je mehr Marcus Stevie beobachtete und die ja schon freudigen Züge in ihrem Gesicht entdecken konnte, desto erschrockener war er über die Tatsache, die Anschuldigungen, Stevie würde etwas mit dem Tod von Alex zu tun haben, könnten nicht weit hergeholt sein.
„Warum glauben Sie, soll Kane Alex´ Auto manipuliert haben? Was hätte er denn für einen Grund“, hörte Marcus seine Schwägerin fragen.
„Vielleicht verletzte Eitelkeit oder Eifersucht?“

Plötzlich kam Stevie wieder dieses eine Gespräch mit Alex in den Sinn, als sie gerade frisch von Kane sitzen gelassen wurde und sie mit Alex auf Drovers für die Feuerwehr in diesem gestellten verunglückten Auto saß. Damals hatte sich herausgestellt, dass Alex letztendlich etwas mit Kane´s Verschwinden zu tun hatte. Stevie wusste nicht, was zwischen den beiden Männern vorgefallen war, sie war bei diesem Gespräch nicht dabei gewesen. Sie hatte nur Kenntnis darüber, was Alex ihr mehr oder weniger mitgeteilt hatte. Konnte es also möglich sein, dass Kane von Alex in seiner Eitelkeit verletzt worden war, indem er ihn fortschickte? Oder wurde Kane sogar von Eifersucht übermannt, weil Alex versucht hatte, sie vor ihm zu beschützen?

Männer verhalten sich Männern gegenüber anders, hatte Alex damals zu ihr gesagt. Wie viel Wahrheit steckte in dieser Aussage? War es tatsächlich möglich, dass Alex ihr etwas anderes sagte, als er es Kane gegenüber getan hatte? Stevie schüttelte mit dem Kopf. Selbst wenn Alex Kane einen Grund zur Eifersucht gegeben haben mochte, sie glaubte einfach nicht daran, dass er in der Lage war, einen Mord zu begehen.
„Kane hat mich verlassen, nicht ich ihn. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass verletzte Eitelkeit oder sogar Eifersucht eine Rolle gespielt haben könnte.“
„Hat er nicht auch Autos geklaut und sie frisiert? Er kennt sich also bestens mit Autos aus und könnte die Bremsen des Pick-up ohne große Schwierigkeiten manipuliert haben“, warf der jüngere Polizist ein.

Alle Augenpaare waren nun auf ihn gerichtet. Während der Ältere der beiden uniformierten Männer mit seinem Blick dem Kollegen zu verstehen geben wollte, er möge sich doch aus dem Gespräch heraushalten, wartete Marcus gespannt auf Stevies Reaktion und ihre Antwort.
„Na ja, selbst ich weiß, wie man einen Bremsschlauch lösen kann“, hörte Marcus die Worte aus Stevies Mund kommen. Im ersten Moment war er sich nicht sicher, ob sie gerade tatsächlich genau das gesagt hatte, was seine Ohren vernommen hatten. Doch das Gespräch setzte sich fort, denn wieder konnte er die Stimme des Polizisten vernehmen.
„Tatsächlich? Jetzt wird es interessant. Das sollten Sie uns näher erläutern.“ Der junge Polizist richtete sich interessiert in seinem Stuhl auf. Er hatte nicht erwartet, dass dieses Gespräch sich schneller als gedacht in diese Richtung entwickeln würde.
Stevie seufzte auf. „Was ich damit sagen will, jeder könnte Alex´ Auto manipuliert haben, wenn es denn so gewesen ist.“
„Interessante Ansichtsweise“, ließ der junge Polizist verlauten. „Ich selbst kann bei diesem Wirrwarr von Schläuchen und Kabeln einen Schlauch nicht von einem anderen unterscheiden.“

Die Hand des älteren Polizisten legte sich auf den Arm des jüngeren Kollegen.
„Michael, wir hatten eine Abmachung“, presste er aus seinen zusammengekniffenen Lippen hervor und strafte ihn mit einem ebenso ermahnenden Blick, wie seine Worte ausdrücken sollten.
„Hören Sie, Michael, Sie haben deutlich klar gemacht, was Sie von mir halten.“ Stevie lehnte sich etwas vor und lächelte selbstsicher. „Aber vergessen Sie nicht, dass ich aller Anschuldigungen zum Trotz vor einem Jahr schon entlastet worden bin. Es gibt genügend Zeugen, die meine Unschuld in diesem Fall unterstreichen können.“ Sie ließ sich wieder zurück gegen die Lehne sinken und verschränkte ihre Arme vor der Brust.
„Das ist richtig“, räumte Michael ein und nickte zustimmend mit dem Kopf. „Nur Tatsache ist, dass 90 % ihrer sogenannten Zeugen nicht sprechen können.“ Das Funkeln in seinen Augen entflammte von Neuem und auch das gewinnende Grinsen auf seinen Lippen war wieder da. „Und die restlichen 10 % sind Angestellte oder Familienmitglieder.“

Stevie vernahm den flehenden Blick des älteren Polizisten, nicht weiter auf die offensichtlich provokativen Argumente von Michael einzugehen.
„Wie dem auch sei, ich war es nicht“, erwiderte Stevie und griff nach ihrem Wasserglas.
„Na schön, wenn Sie es nicht waren, wer dann?“
„Tja, das herauszufinden, ist wohl Ihre Aufgabe, Michael“, gab Stevie schulterzuckend zur Antwort und hoffte, dass damit das Gespräch beendet war.
„Macht es Ihnen gar nichts aus, dass Ihr Liebhaber einen Mord begangen hat?“ Der junge Polizist war aus seinem Stuhl aufgesprungen und baute sich zornig vor Stevie auf. Die Hände, vor Wut zitternd, hatte er fest in seine Hüften hineingestemmt.

Anfangs hatte er sich noch von seiner Meinung über die trauernde Witwe abbringen lassen wollen, er wollte sich vom Gegenteil überzeugen lassen. Doch im Laufe des Gespräches hatte sich seine Meinung über sie nur weiter verstärkt. Diese Frau zeigte absolut keine emotionale Regung auf die neuen Erkenntnisse. Im Gegenteil, sie verteidigte den Hauptverdächtigen auch noch.

„Vielleicht war Ihnen Ihr Ehemann ja im Weg und Sie haben gemeinsam beschlossen, ihn aus dem Weg zu räumen, weil er Ihnen und Ihrem Liebhaber auf die Schliche gekommen ist“, zischte der junge Polizist aus zusammengekniffenen Lippen hervor. Michael ging einen Schritt auf Stevie zu und blickte sie, auf eine Antwort wartend, aus seinen zornigen Augen an. Auf seiner Stirn zuckte es merklich. Er wartete nur darauf, dass sie einbrach und den geplanten Mord gestand.

Stevie lachte schmerzlich auf, heiße Tränen schossen ihr in die Augen. Marcus sah den Schmerz in Stevies Augen. Auch wenn er zwischendurch beinahe ängstlich feststellen musste, sie könnte etwas mit dem Tod seines Bruders zu tun haben, so wurde er bei dem Anblick, der sich ihm nun bot, wieder an die letzten Monate erinnert.

Jeder, der Stevie kannte, wusste, dass sie für ihre und Alex´ Liebe hart gekämpft hatte, Jahre lang. Und auch jeder, der sie in den ersten Monaten nach Alex´ Tod gesehen hatte, würde ihre Gefühle für ihn jemals infrage stellen. Marcus hatte miterlebt, wie schwer es für sie gewesen war, wie tief sie nach einem weiteren Schicksalsschlag gefallen war. Marcus war an ihrer Seite gewesen, hatte sie Schritt für Schritt wieder aufgebaut. Alex war ihre große Liebe gewesen. Niemand von ihren Freunden zweifelte daran und würde sie beschuldigen, eben diese einzig wahre Liebe umgebracht zu haben. Oder behaupten, dass sie in irgendeiner Weise auch nur ansatzweise etwas mit dem Unfall zu tun haben könnte.

Marcus war nun auch aus seinem Stuhl aufgesprungen und stellte sich beschützend vor Stevie. „Ich glaube, das reicht jetzt“, bemerkte er ruhig und drückte dem jungen Polizisten seine rechte Hand gegen die Brust. Er rechnete mit Gegenwehr und wusste, er würde Stevie auf der Stelle auch mit seinen Fäusten verteidigen. Doch zu seinem Erstaunen ging Michael einige Schritte zurück und steckte seine zu Fäusten geballten Hände in die Hosentaschen seiner Jeans. Er schluckte schwer und nickte benommen. Erschrocken darüber, wie schnell und wütend er aus der Haut gefahren war, schlug er mit einem letzten Blick auf Stevie den Weg zum Polizeiwagen ein. Sein älterer Kollege entschuldigte sich aufrichtig bei Marcus und Stevie. Er reichte Stevie seine Visitenkarte, mit der Bitte sich bei ihm zu melden, sobald ihr noch etwas einfiel oder es Neuigkeiten zu dem derzeitigen Aufenthaltsort von Kane Morgan geben sollte.

Marcus setzte sich wieder neben Stevie und beobachtete sie einen Moment lang still. Dass sie in der Lage war, einen Bremsschlauch zu lösen, hatte ihn nicht wirklich überrascht. Viel erschrockener war Marcus über die Tatsache gewesen, dass Stevie dieses Können ohne Umschweife offen zugegeben hatte. Zudem traf ihn die Erkenntnis, dass sie den vermeintlichen Mörder seines Bruders kannte und womöglich auch noch vor der Polizei deckte, wie ein Donnerschlag.
„Stevie“, begann Marcus, unsicher darüber, ob er die Wahrheit tatsächlich wissen wollte. „Du hast mir noch immer nicht gesagt, wie du dir so sicher sein kannst, dass dieser Kane Morgan nichts mit Alex´ Tod zu tun hat.“
Stevie atmete tief durch und richtete ihren Blick auf Marcus. „Hab ich dich jemals belogen“, fragte sie im Gegenzug.
Ein leichtes Lächeln erschien auf seinen Lippen. „Nein, das nicht. Aber…“
„Gut, dann glaube mir, wenn ich dir sage, er war es nicht“, unterbrach Stevie ihn entschlossen. Sie erhob sich von ihrem Rattansessel und strich Marcus sanft über das blonde Haar. Er hob eine Hand und legte sie auf Stevies Finger, als diese auf seiner Schulter zur Ruhe kamen.
„Wieso bist du von seiner Unschuld nur so überzeugt?“
„Marcus…“

Ein näherkommendes Motorengeräusch unterbrach ihr Gespräch. Die Mädels konnten es nicht sein, sie waren mit den Pferden unterwegs. Und, dass sie den Polizeiwagen an diesem Tag noch ein Mal zu Gesicht bekamen, schloss Stevie ebenso aus. Sie lief um das Haus herum und blieb mit klopfendem Herzen abrupt in der Auffahrt stehen. Das Auto, welches im Schritttempo die letzten Meter auf sie zu kam, kannte sie nicht. Es handelte sich wohl um einen Mietwagen, genau konnte sie es nicht erkennen. Der Fahrer hinter dem Steuerrad zog viel mehr ihre Aufmerksamkeit auf sich. Stevie atmete tief durch, zumindest versuchte sie es. Dass sie kläglich versagte, bemerkte sie schließlich erst, als sie ängstlich nach dem notwendigen Sauerstoff rang. Ihre Hände schob Stevie vor Anstrengung zitternd in die Gesäßtaschen ihrer verwaschenen Jeans. Die Sonne stand tief am Himmel und warf ihre heißen Strahlen trocken zur Erde hinab. Mit zusammengekniffenen Augen stand sie angewurzelt da und beobachtete, wie das Auto zum Stehen kam und sich die Fahrertür des silbernen Autos öffnete.

Wie lange hatte sie ihn nicht mehr gesehen? Vier oder fünf Jahre? Vielleicht waren es auch schon sechs Jahre, sie wusste es nicht mehr. Das golden schimmernde Haar trug er inzwischen kürzer, seine Muskeln waren trainierter. Vielleicht ein Zeichen harter Arbeit auf dem Land, auf einer Farm? Denn auch seine Haut glänzte bronzener als bei ihrem letzten Zusammentreffen. Die großen, männlichen Hände hatte er inzwischen lässig in seinen Jeanstaschen verschwinden lassen, während dieses verschmitzte Lächeln auf seinen Lippen saß. Das Lächeln, das sie vor Jahren schon schier um den Verstand gebracht hatte.

Stevie schloss für einen Moment ihre Augen. Sie hatte nicht erwartet, dass ihr Herz nach Alex´ Tod jemals wieder solch kräftige Ausschläge machen würde. Sie hatte auch nicht damit gerechnet, dass eben jenes Herz sich heimlich, ohne dass sie es bewusst vernahm, wieder erholte und zu heilen begann. Ganz gleich, welche Neuigkeiten die kommenden Minuten nun für sie bereithielten, wie viel Schmerz sie in ihrem Innern auslösen würden, Stevie wusste, nur ein einziger Mensch auf der Welt besaß die Macht, sie wieder leben zu lassen. Und vielleicht ihr Herz eines Tages auch wieder lieben zu lassen.

Als sie sich, noch ein Mal tief durchatmend, dazu zwang, ihre Lider wieder zu öffnen, glaubte sie, ihr Herz und auch ihre Augen würden fantasieren. Würden ihr etwas erzählen, woran sie schon so lange nicht mehr geglaubt hatte. Sie merkte, wie alles um sie herum in weite Ferne rückte. Plötzlich schien sich die Welt schneller als sonst zu drehen. Der sichere Boden unter ihren Füßen geriet massiv ins Wanken und das Gefühl zu fallen verstärkte sich, wurde unerträglich. Immer wieder hatte Stevie diese Fantasiebilder vor Augen, die rasant an ihr vorbeizogen. Sie tröstete sich damit, dass dieses unliebsame Gefühl zu fallen schon wieder vergehen würde, irgendwann.

Dann hörte die Welt plötzlich auf, sich zu drehen und es wurde dunkel. Als Stevie das nächste Mal die Augen öffnete, blickte sie in denselben wolkenlosen, strahlendblauen Himmel, den sie schon zuvor gesehen hatte, bevor ihr Leben sich zum wiederholten Male in eine Richtung bewegte, die ihr nicht gefiel. Die sie aus der sicheren Bahn warf. Die Stimme um sie herum schien anfangs noch in weite Ferne gerückt, wurde mit jeder Sekunde jedoch lauter und deutlicher. Immer wieder hörte sie ihren Namen, hatte allerdings kein Gesicht zu der Stimme. Träumte sie? Oder war sie sogar im Himmel angekommen? Doch die Stimme, die unaufhörlich ihren Namen rief, gehörte nicht zu Alex. Stevie spürte eine raue Hand auf ihrem nackten Arm, die kaum ruhelos schien.

Die Sonne schien mit ihren Strahlen direkt in ihr Gesicht, als sie die Konturen eines Kopfes über sich ausmachen konnte. Noch ein Mal schloss Stevie ihre Augen. Die Konturen waren deutlicher, als sie die Lider wieder öffnete. Sie schluckte schwer. Sie war also tatsächlich nicht im Himmel angelangt und die Person, die über sie gebeugt noch immer ihren Namen rief, war auch nicht Alex, sondern Kane.

„Was“, begann Stevie leise, brach jedoch wieder ab. Ihre Kehle schien ausgetrocknet und der Boden unter ihr hart und unbequem. Sie versuchte, sich aufzurichten.
Kane sah sie aus sorgenvollen Augen an. Er war auf diese Art der Reaktion nicht vorbereitet gewesen. Überhaupt hatte er sich keine großen Gedanken über dieses Zusammentreffen gemacht, er war vor einem Jahr einfach nur ihrem Hilferuf gefolgt.
„Ich hab dir versprochen, ich bring ihn dir zurück.“ Kane setzte sich neben Stevie auf die staubig rote Erde.
Sie blickte ihn von der Seite her an und lächelte. Ja, das hatte er in der Tat, dachte sie stumm. Stevie hatte nur nicht damit gerechnet, dass er sein Versprechen auch tatsächlich halten konnte.

„Weiß er…“, wieder brach ihre Stimme ein. Stevie atmete tief durch. „Er ist bestimmt durcheinander. Immerhin wurde er aus seiner Welt herausgerissen.“
Kane nickte. „Ich hab ihm von dir erzählt und ihm gesagt, dass er ein Glückspilz ist.“
Das verschmitzte Grinsen erschien wieder auf seinen Lippen und formte diese kleinen Grübchen um seine Mundwinkel dadurch deutlicher aus. „Weil er gleich zwei Mütter hat.“
„Er wurde von einer Frau entführt?“ Mit weit aufgerissenen Augen blickte Stevie zu Kane. Dieser nickte zur Bestätigung und zuckte anschließend mit den Schultern.
„Ich wusste nicht, was ich ihm anderes hätte erzählen sollen.“
„Wahrscheinlich ist es so das Beste für seine kleine heile Welt.“ Stevie machte eine kurze Pause und ließ ihren Blick in die Richtung des silbernen Kombis gleiten. Sie seufzte. Für Xander war sie eine Fremde und die neue Umgebung stellte für ihn womöglich eine aufregende Reise, ein weiteres Abenteuer, in seinem bisher kurzen Leben dar.

„Hab keine Angst, Stevie. Er wird sich an dich gewöhnen, er braucht nur ein wenig Zeit.“ Seine Hand legte sich leise und beschützend auf ihre Schulter. Er drückte sie kurz und deutete ihr damit an, dass sie nicht allein durch diese Zeit gehen musste.
„Vielleicht sollten wir in den Schatten gehen. Die Sonne scheint heute schon ziemlich heiß und trocken. Es ist wichtig, viel zu trinken. Flüssigkeit ist bei den heißen Temperaturen notwendig, sonst besteht die Gefahr…“
„Stopp!“
Stevie seufzte auf. „Entschuldige! Es ist nur…“, sie unterbrach sich nun selbst erneut. Sie musste versuchen, einen Schritt nach dem anderen zu machen. Entschlossen erhob sie sich von der trockenen, heißen Erde und klopfte sich die roten Sandkörner von ihrer Jeans ab. Sie hielt inne, als ihre Finger die Visitenkarte ertasteten, die sie achtlos in die Hosentasche gestopft hatte.
Falls Ihnen noch etwas einfällt oder sich Neuigkeiten ergeben, zögern Sie nicht, mich anzurufen, hatte der Polizist gesagt.

...Neuigkeiten…Neuigkeiten…Neuigkeiten…

Unaufhörlich hallte dieses Wort in ihrem Kopf wieder. „Du musst von hier verschwinden!“ Kane´s Blick richtete sich auf ihr ängstliches Gesicht.
„Hör mal, Stevie, du musst das nicht allein durchstehen.“ Erneut legte seine Hand sich auf ihrer zarten Schulter ab. Er lächelte sie an.
„Nein, nein … du verstehst das nicht ganz“, erwiderte Stevie und schüttelte dabei unentwegt mit dem Kopf.
„Lass mich derjenige sein, der dir hilft, Stevie.“

Sie atmete tief durch. Sie würde ihn so gern in der kommenden Zeit an ihrer Seite wissen, aber wie so oft in ihrem Leben spielte das Schicksal nicht mit. Es legte ihr immer wieder Steine in den Weg, denen sie versuchen musste, auszuweichen.
„Du kannst dir nicht vorstellen, wie viel mir das bedeutet, dass du mir meinen Sohn zurückgebracht hast“, seufzte sie und merkte, wie sich Tränen der endlosen Dankbarkeit in ihren Augen sammelten. „Es existieren keine Worte in keiner Sprache auf der ganzen Welt, die ausdrücken können, wie glücklich und dankbar ich darüber bin. Nur, glaube mir, du musst sofort von hier verschwinden und irgendwo untertauchen.“
Entfernt heulten leise Sirenen auf. Stevie zuckte erschrocken zusammen. Sie griff nach seiner Hand und drückte sie fest.
„Die Polizei weiß von unseren Telefonaten. Sie glauben, du hast Alex umgebracht. Also bitte, tu mir den Gefallen und verschwinde von hier!“

Plötzlich ergab alles einen Sinn. Das ständige Gefühl beobachtet zu werden, das seltsame Knacken in der Telefonverbindung vor einem Jahr, all das war also kein Zufall gewesen. Man hatte ihn verfolgt bis nach Neuseeland. Doch als er in Auckland angekommen und Xander gefunden hatte, war dieses Gefühl plötzlich wieder verschwunden.

Das permanente Aufheulen der Sirenen kam unaufhörlich näher. Bald werden sie hier sein, dachte Stevie mit klopfendem Herzen.
„Was ist mit Xander? Es wird sie stutzig machen, wenn sie ihn hier entdecken.“
Stevie biss sich auf die Unterlippe und schien nachzudenken, doch die Zeit lief ihnen davon. „Ich lass mir etwas einfallen. Sieh du nur zu, dass sie dich nicht finden.“
Kane nickte mit dem Kopf und lief auf den silbernen Kombi zu, Stevie folgte ihm entschlossen. Er ging vor der offenstehenden Beifahrertüre in die Hocke und blickte Xander mit einem Lächeln auf den Lippen an.
„Hey Großer, weißt du noch, was ich dir versprochen habe?“ Die blauen Augen des kleinen Jungen begannen zu leuchten, während er wissend mit dem Kopf nickte. „Deine Mom wird dir die großen Pferde zeigen.“ Kane machte eine kurze Pause und blickte zu Stevie hinüber, die unsicher etwas abseitsstand, die Hände nervös in den Hosentaschen vergraben. „Sie ist genauso aufgeregt wie du, weil sie die Pferde schon den ganzen Tag nicht gesehen hat und sie mit dir zusammen besuchen möchte.“ Kane hob Xander auf seine Arme. „Ich komm später nach, weil ich noch etwas erledigen muss und wenn ich zurück bin, dann erzählst du mir alles, versprochen?“ Wieder nickte der kleine Junge mit dem Kopf und ließ sich von Kane zu Stevie hinübertragen. Er gab Xander in ihre Arme und fuhr mit der Hand über seinen Kopf, ließ sie anschließend über Stevies Wange gleiten und wischte die erste aufkommende Träne aus ihrem Gesicht.

Die Sirenen hatten sie schon beinahe erreicht, als Kane sich langsam auf seinen Wagen zu bewegte. Er hatte die Türe schon erreicht und hielt kurz inne, blickte zurück. Zufrieden stellte er fest, dass das Eis zwischen Mutter und Sohn langsam zu schmelzen begann. Kane öffnete die Türe des silbernen Kombis. Er vernahm das freudige Glucksen von Xander.
„Hey Kane“, rief Stevie ihm zu und lächelte. „Komm bald wieder!“
Er erwiderte das Lächeln.
„Ich hab Alex nicht getötet“, hörte Stevie ihn sagen und nickte mit dem Kopf.
„Ich weiß.“

Kane stieg in den Wagen und lenkte ihn vom Hof. Stevie blickte ihm mit Xander auf dem Arm nach und wünschte sich, dass er schon bald zu ihr zurückkehren würde.
~~~ The End ~~~
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