.::. South Australian Drama .::.

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Dianchen
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Joined: Mon Dec 01, 2014 1:41 pm
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#41

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Autor: Dianchen
Hauptcharaktere: Jack/Harry
Inhalt: MLT in Western Manier
Anmerkung: So einfach, wie ich mir die Thematik am Anfang noch vorgestellt hatte, war sie letztendlich doch nicht gewesen. Daher glaube ich, dass ich nicht wirklich viel von Western in meiner FF unterbringen konnte.
Spoiler: Nein
Chapter: 1
Geschrieben: Januar 2012
Disclaimer: Alle MLT Charaktere sind Eigentum von Nine Network, The South Australien Film Corporation and Millenium Televison. Diese Fanfic wurde lediglich zum Spaß geschrieben und nicht um damit Geld zu verdienen. Jegliche Ähnlichkeiten zu Lebenden und Toten Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt. Alle weiteren Charaktere sind Eigentum des Autors.
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Prolog

„Du elender Mistkerl“, schrie Elizabeth aus vollster Kehle. Ihr ganzer Körper bebte vor Wut und Enttäuschung, bittere Tränen dämpften ihre zitternde Stimme und erstickten sie schlussendlich vollkommen. Sekunden vergingen, doch kamen sie ihr wie eine Ewigkeit vor.

Jonathan sagte kein einziges Wort. Er stand einfach nur da und starrte sie aus weit aufgerissenen Augen an. So hatte er seine Frau noch nie gesehen, er hatte noch nicht einmal ansatzweise geahnt, wie sehr sie aus ihrer Haut fahren konnte. Doch sie konnte es, und wie sie es konnte. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Er hätte wissen müssen, dass keine Frau auf Erden, sich so etwas gefallen lassen würde. Doch im Grunde konnte er doch gar nichts dafür, er war schließlich auch nur ein Mann, der den offensichtlichen Reizen der Frauen auf Dauer einfach nicht widerstehen konnte. Und, bei Gott, Catherine hatte offensichtliche, weibliche Reize.

Jonathan schob hastig seine Hände in die Hosentaschen. Schamesröte überfiel ihn aufgrund seiner erneuten unsittlichen Gedanken. Eigentlich sollte er sich zu seinem soeben erbrachten Geständnis äußern, sollte retten, was vielleicht noch zu retten sein könnte. Doch unfähig auch nur ein vernünftiges Wort herauszubringen, drehte er sich auf dem Absatz herum und verließ das Haus.

Elizabeth hatte keine Ahnung, wo sie jetzt hinsollte. Sie wusste jedoch eines mit absoluter Sicherheit, weiterhin mit diesem Mistkerl unter einem Dach zu leben, kam für sie unter gar keinen Umständen infrage. Sie würde das Getratsche und Getuschel hinter ihrem Rücken nicht ertragen können.

Die Nacht breitete ihre Flügel über das Land aus und tauchte es allmählich in vollkommene Dunkelheit. Der Mond stand hoch oben am Horizont und warf seinen bläulichen Glanz zur Erde. Nur noch ein Mal einen Blick auf das winzige Gesicht ihres Sohnes werfen, dachte Elizabeth wehmütig. Vielleicht würde dieser letzte Blick den stechenden Schmerz in ihrem Innern vertreiben können. Durch die Fenster strömte das schwache Mondlicht herein. Eine milde Brise erfasste sie.

Es blieb keine andere Wahl, Elizabeth musste einen der Zwillinge zurücklassen. Mit einem der Jungen würde es schon schwer werden, doch beide konnte sie beim besten Willen nicht durchbringen. Jonathan würde gut für ihn sorgen, dessen war sie sich sicher. Schließlich hatte er es bisher auch getan, er hatte sie nie schlecht behandelt und er hatte seine Söhne mit allem, was er zu geben hatte, trotz allem geliebt.

Zärtlich fuhr Elizabeth mit dem Finger über die samtweiche Haut des winzigen Gesichtes. Eine kalte Hand hatte ihr Herz gepackt, als sie ihren Entschluss traf und nun, nun drohte diese Hand ihr das Herz erbarmungslos aus der Brust herauszureißen. Harold würde es an nichts fehlen, Jonathan würde dafür sorgen, schärfte sie sich unter Tränen ein und drehte ihrem Sohn für immer den Rücken zu.

50 Jahre später

Es war still auf Drovers Run. Eigentlich war es überhaupt still geworden auf Drovers Run, seit Prue gestorben war. Ein tiefer Seufzer durchdrang die morgendliche, idyllische Ruhe auf der Farm. Jack McLeod, ein hoch angesehener Farmer in der Gegend, war an diesem Morgen schon früh auf den Beinen, früher als gewöhnlich. Sein wettergegerbtes Gesicht, gezeichnet vom Schicksal, hatte in den letzten Wochen noch mehr Falten hinzubekommen.

Seit Harry Ryan hier in der Gegend aufgetaucht war, plötzlich und aus dem Nichts gekommen, und sich das Nachbaranwesen angeeignet hatte, versuchte er sein Imperium aufzubauen. Anfangs war Killarney nicht einmal halb so groß wie Drovers Run. Doch nach und nach kaufte Harry immer mehr Land hinzu und Killarney wuchs.

Auch Drovers Run wollte Harry sich unter den Nagel reißen. Denn schnell hatte er erkannt, wie groß und wie wertvoll dieses Land war. Dass er dabei auf einen Farmer stieß, der sich weder schikanieren noch tyrannisieren ließ, der sich nicht so einfach unterkriegen ließ, störte Harry eigentlich wenig. Er musste eben nur mehr Zeit investieren. So ließ er Vieh verschwinden, vergiftete es. Er schickte seine Handlanger auf den Weg, um den Zug mit den Futtersäcken überfallen zu lassen oder sorgte dafür, dass die Weiden von Drovers nicht mehr mit genügend Wasser für das Vieh versorgt wurden.

Nur ließen sich dafür keine Beweise finden und so musste Jack McLeod dafür Sorge tragen, dass man Harry und seine Handlanger auf frischer Tat ertappte. Doch war dies einfacher gesagt als getan. Denn viel Geld besaß Jack nicht, es reichte gerade mal, um die Farm nicht an die Bank zu verlieren. Er konnte somit auch keine zusätzlichen Arbeiter einstellen, denn wie sollte er sie bezahlen? Also war Jack ganz auf sich allein gestellt, er hatte nur seine Kinder und zwei weitere Arbeiter.

Zum einen war da Noah Callaghan, ein Freund von Adam. Anfangs war Jack eher skeptisch gewesen, was den jungen Mann betraf. Er sprach nie viel, lebte eher zurückgezogen in den Arbeiterhütten auf Drovers, bis Adam eines Tages die Initiative ergriffen und mit Noah im Pub ein paar Bierchen getrunken hatte. Seither hatte sich eine echte Freundschaft zwischen den beiden Männern entwickelt und Jack verlor all seine anfängliche Skepsis gegenüber Noah. Adam hielt große Stücke auf seinen Freund, er vertraute ihm blind und so tat es Jack eben auch.

Dann gab es da noch Peter Johnson. Eines Tages tauchte er einfach so aus dem Nichts auf und blieb bis heute. Jack vertraute auch ihm und zusammen meisterten die vier Männer jede noch so auswegslose Situation. Doch die Fröhlichkeit seiner Töchter, die schienen sie irgendwie nicht wieder zurückzubringen.

Seit Prue gestorben war, waren die Mädchen nicht mehr dieselben. Sie waren seither verschlossener, hatten kein Interesse mehr an den schönen Dingen des Lebens und verkrochen sich nach getaner Arbeit stets in ihrem Zimmer. Sie kamen meist erst am nächsten Morgen wieder heraus.

Adam, sein einziger Sohn, dagegen trauerte auf eine andere Weise. Er vergnügte sich nach der Arbeit im Pub mit den unsittlichen Frauen der Stadt, trank literweise schlechten Whiskey und rauchte schädliche Zigarren. Jegliche Unterhaltung und Predigt seines Vater stieß bei ihm auf taube Ohren und trieb den Jungen nur noch öfter zu den Huren in den Pub.
*****
„Ihr wisst hoffentlich genau, was zu tun ist. Wir können es uns nicht leisten, dass irgendetwas bei der Sache schief geht.“ Leo blickte ernst in die Runde und versuchte in den Gesichtern der Männer zu erkennen, ob sie ihn auch genau verstanden.
„Ganz locker, Brauner. Es wird alles genau nach Plan laufen. Der alte Narr kann ja schließlich nicht überall auf der Farm gleichzeitig sein“, entgegnete Riley zuversichtlich und die Männer nickten zustimmend.
„Schon klar, aber euch ist hoffentlich bewusst, dass wir von dem Geld nicht einen einzigen Cent sehen werden, sollte etwas nicht nach Harry Ryans Vorstellungen verlaufen“, schärfte Leo den Männern noch einmal mit Nachdruck ein. Wieder nickten die Männer.
„Wie willst du die Sache mit Adam und seinem siamesischen Zwilling lösen?“, warf ein anderer Mann ein.
„Die Schnapsdrossel wird sich mit absoluter Sicherheit wieder im Pup herumtreiben und seine Finger nicht von den Frauen lassen können.“ Allgemeines Gelächter drang durch die Hitze des Tages. „Und mit seinem komischen Freund werden wir auch noch fertig. Der wird uns schon nicht in die Quere kommen. Seht einfach zu, dass ihr euch von nichts abbringen lasst. Jetzt macht euch an die Arbeit!“ Leo erhob sich und ging davon.

„Hey Morgan, was wirst du mit dem ganzen Geld anstellen?“, fragte Riley, während die anderen Männer sich aufmachten, ihre restlichen Arbeiten des Tages zu verrichten. Kane zuckte mit den Schultern und schmiss den aufgerauchten Zigarettenstummel auf den sandigen Boden, um ihn mit seinen Schuhen auszutreten.
„Keine Ahnung. Vielleicht werde ich meinem kleinen Bruder eine Frau kaufen“, antwortete er grinsend und wuschelte Luke durch seine blonden Locken.
„Na dann hoffen wir, dass alles gut geht und Harry Ryan uns bezahlt.“ Lachend machte auch Riley sich wieder an die Arbeit.
*****
„Ist für heute Nacht soweit alles vorbereitet?“ Harry zog den Hut auf seinem Kopf tief ins Gesicht hinein. Unter seinen Augen zuckte merklich die Nervosität. Er kaute auf einem Stück Tabak herum und ließ seine faltigen Hände in die Hosentaschen sinken. Harry konnte es sich nicht leisten, Komplikationen in Kauf zu nehmen. Wenn er Drovers Run besitzen wollte, dann musste er seine nächsten Schritte bis ins kleinste Detail genau planen und er musste sich auf seine Leute verlassen können.

Leo Coombes lachte hämisch auf und wischte sich mit seinem Ärmel den Schweiß von der Stirn. Der alte Zausel schien ziemlich unruhig und flattrig zu sein, dachte er boshaft. Geschieht ihm ganz recht. Das, was Harry Ryan geplant hatte, war kein Zuckerschlecken. Die Männer sollten nicht eben mal einen Zaun in totaler Finsternis durchschneiden und ein paar Rinder aufscheuchen, sie zur Flucht bewegen. Dieser Auftrag war weit mehr als das und wenn er den Männern gelang, dann bedeutete das den Untergang von Drovers Run und somit auch den endgültigen Ruin von Jack McLeod.

„Die Männer sind alarmiert, die Gewehre im Schuppen verstaut und die Pferde scharen schon aufgeregt mit den Hufen“, entgegnete Leo noch immer grinsend und setzte sich auf einen maroden Baumstumpf. Er zündete sich eine Zigarette an und nahm genüsslich einen ersten Zug. „Es ist Zeit, über die Bezahlung zu sprechen, alter Mann.“ Leo blies gelassen den Rauch seiner Zigarette in die Luft und nahm sich das Cappi vom Kopf.
„Die Zeit ist gekommen, wenn ich es für richtig halte.“ Für einen Moment blickte Harry mürrisch auf den Mann und wandte dann seinen Blick wieder der Landschaft zu. „Bis dahin, sieh zu, dass alles glatt läuft.“ Mit diesen Worten ließ Harry ihn zurück. Er würde sich nun in sein Haus zurückziehen und es sich mit einem Drink gut gehen lassen, während die Männer den Rest erledigten, hoffentlich ohne Zwischenfälle.
„Ganz wie du meinst, Harold“, rief Leo ihm lachend hinterher und schnippte die Zigarette von sich.
*****
Um die Mittagszeit schien der Pub genauso gefüllt zu sein, wie in den Abendstunden. Der einzige Unterschied bestand darin, dass am Tage Frauen und Männer gleichermaßen unter den Gästen waren. Wohingegen am Abend und in den Nachtstunden meist nur Männer ihren Vergnügungen in dem einzigen Lokal weit und breit nachgingen. Während Adam und Noah auf die Postkutsche mit weiteren Futtersäcken für das Vieh warteten, beschlossen sie sich eine Stärkung zu genehmigen.

Beißender Rauch von Zigaretten und Zigarren schlug ihnen entgegen, als die beiden Männer den Pub betraten. Wildes und lautes Gebrabbel verfolgte sie. Kaum ließen sich Adam und Noah an einem der noch wenigen freien Tische nieder, konnten sie auch schon eine schrille Frauenstimme vernehmen.
„Adam“, trällerte die Frau freudig und kam klackernd mit ihren knallroten Pumps auf die beiden Männer zu geeilt. Während Noah mit seinen braunen Augen rollte, seufze Adam merklich auf.
„Fiona“, stieß er kleinlaut hervor und senkte etwas beschämt seinen Kopf. Vermutlich wird sie ihn nie wieder in Ruhe lassen, nachdem er sich am vergangenen Abend vollkommen betrunken auf einem der vielen Zimmer mit ihr vergnügt hatte.

Fiona drückte Adam einen nassen Schmatzer auf die Wange und lachte schillernd vor Freude auf.
„So früh habe ich dich noch gar nicht erwartet“, trötete ihre durchdringende Stimme. „Ich hab auch gar keine Zeit für dich, bin bis zum Abend vollkommen ausgebucht.“ Fiona überdrehte ihre Augen und ließ enttäuscht ihre knallroten Fingernägel über Adams Arm fahren. Er erschauerte. Bei Tageslicht und im vollkommen nüchternen Zustand war diese Frau eine Zumutung.
„Macht doch nichts“, gab Adam zurück und zwang sich ein Lächeln auf das Gesicht. „Muss eh arbeiten.“ Eine andere Männerstimme rief nach Fiona und ihre funkelnden Augen richteten sich in diese Richtung.
„Na ja, ich muss wieder. Vielleicht sehen wir uns heute Abend.“ Hoffnung keimte in ihr auf und schon jetzt konnte Fiona es kaum erwarten, bis sie seine starken, männlichen Hände auf ihrem Körper wieder spüren würde.
„Vielleicht“, antwortete Adam und zuckte mit den Schultern. Mit Sicherheit wollte er diese Frau nicht noch einmal anfassen, nicht solange er bei Verstand war.
*****
„Pssst…Claire“, hallte es beinahe lautlos durch die schwüle Luft. Claire war gerade dabei die Ställe auszumisten und summte fröhlich ein Lied vor sich hin. „Claire“, drang wieder eine leise, kaum hörbare Stimme durch die Atmosphäre. Alex schlich sich noch näher an Claire heran und ließ sanft einen Strohhalm auf ihren freigelegten Nacken gleiten. Claire jedoch erschrak fürchterlich und fuhr mit der Mistgabel in ihren Händen herum. Alex wich einige Schritte zurück.
„Verdammt, Alex“, zischte sie und ließ die Mistgabel wieder auf den Boden sinken. „Was zum Teufel machst du hier?“
„Ich wollte dich sehen“, erwiderte Alex und ging die zuvor zurückgewichenen Schritte wieder auf sie zu. Er schnappte sich ihr Handgelenk und zog sie fest an sich heran. Seine Lippen glitten hungrig an ihrem Hals entlang. „Ich hatte eben Sehnsucht“, murmelte er in ihre weiche Haut. Claire entspannte ihren Körper und merkte, wie sie immer mehr den Halt unter ihren Füßen zu verlieren drohte. Genießerisch schloss sie ihre Augen und seufzte wohlig auf. Plötzlich schien die Hitze des Tages kaum mehr erträglich zu sein.
„Alex“, ließ sie seinen Namen wonnig ihrem Mund entkommen. „Es ist mitten am Tag.“ Seine Hände glitten unter ihre Bluse, rutschten aufgeregt über ihre nackte Haut. Gott, dieser Mann schien ihr die letzten noch vorhandenen Sinne zu rauben. Wenn Alex so weitermachte, dann würde sie sich nicht mehr zurückhalten können. Aber sie musste dringend wieder zur Vernunft kommen. Wenn man sie beide erwischte, dann wäre sie erledigt. Jack würde sie nie wieder aus dem Haus und schon gar nicht mehr aus den Augen lassen.
*****
Stevie stand inmitten des großen Hauses und blickte sich neugierig um. Hier also wohnte ihr Vater. Eigentlich hätte sie sich so etwas schon denken können. Sie konnte verstehen, dass er es in ihrem zu Hause nicht mehr ausgehalten hatte. Im Gegensatz zu diesem Leben hier auf Killarney war ihr eigenes erbärmlich gewesen. Ihre Kindheit war geprägt von Armut und Überlebenskampf. Die Farm, auf der sie jeden Tag schuftete, war nicht einmal annähernd so groß wie Killarney und das Haus, in dem sie ihr gesamtes bisheriges Leben verbracht hatte, glich einer eingefallenen Ruine. Ihre Mutter hatte ihr ein Mal unter Tränen erzählt, wie sehr ihr Großvater das Instandhalten von Haus und Hof hatte schleifen lassen. Er vergnügte sich stattdessen lieber in dem örtlichen Pub mit irgendwelchen Frauen.

„Was hast du hier zu suchen?“ Stevie zuckte zusammen und ließ vor Schreck den Umschlag, den sie in ihren Händen hielt, zu Boden sinken.
„Mum ist vor ein paar Wochen gestorben“, erwiderte sie kleinlaut und merkte, wie ihr gesamter Körper zu zittern begann. Sie schluckte den schweren Klos in ihrem Hals hinunter. „Kurz, nachdem Großvater sich zu Tode gesoffen hatte.“ Harry fing plötzlich und aus vollem Halse an, zu lachen. Seine Augen funkelten dabei, wie zwei ungeschliffene Diamanten.
„Geschieht dem Alten ganz recht“, grummelte er schlussendlich und goss sich einen Whiskey ein. „Darauf trink ich einen“, fuhr Harry hämisch auflachend fort. „Willst du auch ein Glas?“ Stevie schüttelte angewidert mit dem Kopf. „Gutes Mädchen.“ Harry ließ sich mit seinem Whiskeyglas auf die Couch sinken und blickte Stevie eingehend an.

Sie hatte sich gut entwickelt und war ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten, dachte er wehmütig. So manches Mal hatte Harry sich gefragt, was wohl aus ihr geworden ist und er wünschte sich oft, er hätte sie einfach mitgenommen. Ihre Mutter war einfach zu feige gewesen und weigerte sich vehement den alten Jonathan und die Farm zu verlassen. Doch er, er hatte es einfach nicht mehr ausgehalten. Sämtliches Geld, was er erwirtschaftet hatte, sich hart erarbeitet hatte, wurde von seinem nichtsnutzigen Vater in den hiesigen Pub getragen und ging für Whiskey und Frauen drauf.
„Was ist aus der Farm geworden?“, fragte Harry dann. Er drehte das Glas in seinen Händen und setzte es schließlich an seine Lippen, um einen kräftigen Schluck zu nehmen.
„Ich konnte sie verkaufen. Ohne das Vieh wäre sie wohl nichts mehr wert gewesen“, erwiderte Stevie und entspannte sich merklich. Sie hatte Angst vor der Reaktion ihres Vaters gehabt, hatte geglaubt, er würde sie davon jagen, ohne sie erklären zu lassen. „Beim Ausräumen des Hauses ist mir etwas in die Hände gefallen. Ich dachte, du solltest es wissen.“ Stevie hob den zuvor fallen gelassenen Umschlag vom Boden auf und reichte ihn ihrem Vater. Harry zog beide Augenbrauen in die Höhe und nahm den Umschlag entgegen.

„Es ist eine Geburtsurkunde, deine und die deines Bruders.“ Harrys Augen schossen von dem Umschlag wieder zu Stevie. Seine Miene versteinerte sich, während er um Fassung rang. „Der Urkunde ist noch ein Brief von Großmutter beigelegt“, fuhr Stevie unbeirrt weiter. „Sie hat ihn Jahre nach eurer Geburt geschrieben. Großvater muss ihn in einem Seiner hellen Momenten zu der Geburtsurkunde gelegt haben.“ Stevie seufzte auf. Sie fragte sich, warum ihr Vater nichts mehr sagte. Sicherlich musste er die ganze Sache erst einmal verdauen. Jedoch war es wichtig, dass Harry Kenntnis darüber erlangte, wer sein Bruder war. Denn als sie sich in der Stadt nach ihrem Vater erkundigt hatte, erfuhr sie, dass Harry und sein Bruder sich längst kannten, sich seit Jahren gegenseitig bekriegten. Stevie glaubte, wenn beide erst einmal voneinander wussten, würden sie aufhören, sich zu hassen.
*****
Die Sonne versank allmählich hinter dem Horizont und langsam breitete sich die Nacht über dem Land aus. Ein Quietschen und Knattern von alten Holzrädern auf unbefestigtem, sandigen Boden drang durch die Stille des Outback. Den ganzen Tag hatten Adam und Noah verloren, indem sie auf das Eintreffen der Postkutsche warteten. Sie wollten schon längst wieder zurück auf Drovers sein. Doch nun erhielt die Dunkelheit Einzug und tauchte das Outback in vollkommene Dunkelheit. Die Stille, die Adam und Noah umgab, machte sie müde. Sie mussten achtgeben, um bei der gleichbleibenden, tristen Fahrt nicht einzuschlafen.

Leises Knistern von trockenem, ausgedörrtem Gras ließ Adam aufmerksam werden. Er rieb sich über seine müden Augen und stieß seinen Freund unsanft in die Rippen.
„Sieh nur, da hinten brennt es.“ Noah fuhr aus seinem leichten Schlaf heraus. „Das Feuer scheint noch nicht weit vorangeschritten zu sein.“ Adam brachte die Kutsche zum Stehen und sprang eilig herunter. Er schnappte sich eine Decke und lief direkt auf das lodernde Feuer zu. Noah tat es ihm gleich. Gemeinsam versuchten die beiden Männer, dem drohenden Unheil Einheit zu gebieten. Doch die Flammen züngelten unaufhörlich in der stickigen Luft und fraßen sich immer weiter in das ausgedorrte Gras hinein. Wind kam auf und trieb das Feuer auf die beiden Männer zu. „Adam“, rief Noah in dem ohrenbetäubenden Lodern der Flammen. „Lass und verschwinden!“
„Wir können es schaffen“, entgegnete Adam entschlossen und schlug mit der trockenen Decke weiter auf das Feuer ein.
„Vergiss es! Das können wir nicht schaffen.“

Noah packte Adam am Arm und versuchte seinen Freund von dem vernichtenden Feuer wegzuziehen. Doch riss dieser sich los und eilte hinüber zu den Bäumen. Er musste versuchen das Feuer dort zu stoppen, bevor es in die Kronen vordringen konnte.
„Scheiße Adam komm da weg“, schrie Noah aus vollster Kehle. Doch es war zu spät. Ein riesiger Baum brach unter den monströsen Flammen und begrub Adam unter seiner schweren Last.
*****
Auch Jack kämpfte an einer anderen Stelle mit dem Feuer. Er wischte sich den rußenden Schweiß von der Stirn. Adam und Noah sollten schon längst zurück sein und ihm zur Seite stehen. Stattdessen versuchte er, ganz auf sich allein gestellt, die Flammen unter Kontrolle zu bekommen. Seine letzten Kräfte wichen immer weiter aus seinem Körper heraus.

Jack war erschöpft und sank ausgelaugt auf die Knie. Er blickte sich um und schüttelte immer wieder mit dem Kopf. Harry Ryan hatte ihn getroffen, mitten ins Herz. Er wusste, dass es keine Chance mehr gab, das Feuer zu stoppen. Das Land, auf dem die Flammen mit Habgier loderten, war verloren, es war wertlos.

Während sein Blick immer weiter über sein untergehendes Land schweifte, vernahm Jack plötzlich zwischen dem lauten Knistern der Flammen ohrenbetäubendes Hufgetrappel. Doch noch ehe er sich rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte, wurde er von der aufgebrachten Rinderherde überrannt.
*****
Auf Zehenspitzen schlich Claire durch das Haus. Das Haar vollkommen zersaust, versuchte sie auf wackligen Beinen mit den letzten noch vorhanden Fetzen ihrer aufgerissenen Bluse die nackte Haut zu bedecken. Ein zufriedenes Lächeln zierte ihr zartes Gesicht.

Nachdem die aufsteigende Wärme in ihrem Leib sie übermannt hatte, war sie nicht mehr in der Lage gewesen, sich gegen Alex´ hungrige Lippen und seine gierigen Finger zu wehren. Sie hatten sich mitten am Tage auf feindlichem Terrain mehrmals heiß und innig geliebt. Und noch jetzt, nachdem schon längst die Nacht ihre Flügel ausgebreitet hatte, schien die Hitze ihres Liebesspiels nicht aus ihrem Körper zu weichen.
„Wo hast du gesteckt?“ Claire zuckte erschrocken zusammen und fuhr mit wild klopfendem Herzen herum.
„Gott Tess, du hast mich erschreckt“, brachte Claire mit zitternder Stimme hervor.
„Du hast dich wieder mit Alex herumgetrieben.“ Claire versuchte Tess zu ignorieren und eilte die Treppe hinauf in die obere Etage.
„Dad wird toben, wenn er das herausfindet“, fuhr Tess, ihrer Schwester folgend, unbeirrt weiter.

Claire knipste das Licht an, kramte ein altes Shirt aus ihrem Schrank heraus und zog es sich über den Kopf.
„Ja, pass nur auf, dass es dann nicht mitten in der Nacht ist und Dad aufgebracht in dein Zimmer stürzt“, zischte Claire und grinste ihre Schwester wohl wissend an. „Er könnte sonst vom Schlag getroffen werden, wenn er Nick und dich nackt im Bett liegen sieht.“ Alle Farbe wich aus Tess´ Gesicht heraus. Wie konnte Claire davon wissen? Sie waren doch immer vorsichtig gewesen und Nick erhielt nur Zutritt, wenn sie sicher sein konnte, dass ihre Schwester längst schlief.
„Was…was redest du da für einen Quatsch“, brachte Tess stotternd hervor. Claire lachte auf und eilte aus ihrem Zimmer heraus, direkt auf das ihrer Schwester zu. Sie riss die Türe mit Schwung auf.
„Ich rede also Quatsch, ja?“, fuchtelnd wedelte sie mit ihren Händen in der Luft herum und blickte eingehend auf ihre Schwester.
„Wer gibt dir das Recht, einfach in mein Zimmer zu stürzen?“, erboste sich Tess und lief feuerrot an.
Plötzlich durchbrach ein Schuss die Auseinandersetzung zwischen den beiden Schwestern. Beide Frauen zuckten erschrocken zusammen.
„Alex…“, stieß Claire angstvoll mit rasendem Herzschlag hervor.
*****
„Du dämlicher Bastard, was hast du getan?“ Harry bebte vor Wut und Entsetzen und stürzte sich aufgebracht auf den Mann, in dessen Hand das Gewehr noch qualmte. „Hast du keine Augen im Kopf?“, schrie er und schlug unaufhaltsam auf den jungen Mann ein.

Leo wehrte sich nicht gegen die gewaltsamen Hiebe und Schläge. Alex war sein Freund und in der Dunkelheit der Nacht erkannte er ihn nicht. Leo hatte ja nicht ahnen können, Alex hier anzureffen. Er hatte in dem Glauben, er würde Adam treffen, einfach abgedrückt. Ohne jegliche Skrupel und ganz ohne Gewissen.

Aber er hätte doch nie im Leben seinen Freund erschossen. Ein fester Hieb in seine Magengrube, gefolgt von einem weiteren gegen seinen Kopf, ließ ihn kurzzeitig nach Atem ringen. Er wünschte sich in diesem Moment, er würde Harrys Schläge und Hiebe nicht mehr überleben.

Epilog

Die Sonne ging auf und vertrieb die letzten Schatten der Nacht. Der Morgentau setzte sich auf den Blättern der riesigen Eukalyptusbäume fest und glitzerte funkelnd in der wärmenden Morgensonne. Die ersten Kookaburras riefen eifrig zum Beginn des Tages auf. Doch schien an diesem Tag nichts mehr so, wie es einmal war. Der jahrelange Hass zweier Menschen zueinander, in deren Adern dasselbe Blut floss, hatte am Ende nichts mehr übrig gelassen. Vielleicht hätte all das verhindert werden können, wenn Jonathan und Elizabeth Wetherdon einen Weg gefunden hätten, ihren Söhnen die Wahrheit über deren Vergangenheit zu offenbaren, anstatt sich voneinander mit den Jahren immer weiter zu entfernen.
~~~ The End ~~~
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